Seit Jahren wird die Dosierung von Ecstasy-Pillen stärker. Foto: dpa/Oliver Berg

Seit Anfang Juni können Menschen in Berlin ihre Drogen anonym und kostenfrei testen lassen. Lars Behrends arbeitet als Drogenberater bei einem der teilnehmenden Sozialträger und berichtet, wie das Angebot angenommen wird.

Herr Behrends, in Berlin werden seit 6. Juni kostenfrei und anonym psychoaktive Drogen analysiert. Weshalb braucht es überhaupt Drug-Checking?

Drug-Checking schützt Menschen vor einer Überdosierung, unerwünschten Nebenwirkungen und Vergiftungen. Wir bieten damit eine Kontaktfläche und erreichen Menschen, die sonst nicht in die Beratungsstellen kommen. Häufig entwickeln sich so Beratungs- und Veränderungsprozesse. Zudem erhalten wir dadurch ein gutes Monitoring darüber, was und wie gerade konsumiert wird. Entsprechend können Hilfen schneller angepasst werden.

Welche Menschen nutzen das Angebot?

In Berlin ist Drug-Checking ein Kooperationsprojekt von drei Sozialträgern, dadurch erreichen wir unterschiedliche Zielgruppen. Die Schwulenberatung erreicht zum Beispiel Menschen in der Chemsex-Szene, die mit Substanzen ihr Sexualleben gestalten. „Fixpunkt“ erreicht eher opiat- oder kokainabhängige Menschen. Unsere Vista-Beratungsstelle sitzt in Kreuzberg, wo traditionell viele Partydrogenkonsumierende Beratung suchen.

Zu welchem Ergebnis kamen Sie bisher?

Ein Dritte l der Drogenproben, die wir seit Juni getestet haben, war teilweise sehr stark dosiert. Und es gab auch Fehldeklarierungen oder Inhaltsstoffe, die da nicht reingehören.

Wie reagieren die Menschen auf so ein Ergebnis?

Menschen werden, wenn sie die dementsprechende Rückmeldung erhalten, deutlich vorsichtiger in ihrem Konsum und entscheiden sich dann auch dazu, zum Beispiel diese Pille nicht zu konsumieren.

In anderen europäischen Ländern gibt es Drug-Checking schon seit Jahren. Wie erklären Sie sich, dass Deutschland erst jetzt damit anfängt?

Da kann ich nur vermuten. Es gibt zwei Arten von Kritik an diesem Projekt. Zum einen, dass es sinnvoller wäre, direkt auf den Festivals und in den Clubs Schnelltests anzubieten, die direkt ein Ergebnis liefern. Diese Kritik ist durchaus berechtigt. Andere befürchten, dass Drug-Checking zu mehr Drogengebrauch motiviert. Das kann man durch die Erfahrungswerte widerlegen. Alle Maßnahmen der Schadensminimierung, sei es die Einführung von Drogenkonsumräumen oder der Substitutionsbehandlung, wurden anfangs und teilweise immer noch angefeindet. Heute wissen wir, das sind lebensrettende Maßnahmen.

Wie läuft Drug-Checking ab?

Die Nutzerinnen und Nutzer können nach einem ersten anonymen Beratungsgespräch die Substanzprobe abgeben. Diese wird fotografiert und katalogisiert. Die Probe wird an das Labor geschickt, und nach ein paar Tagen können die Konsumenten telefonisch – die Nummer wird nicht gespeichert – oder persönlich das Ergebnis erfragen.

Haben Sie das Gefühl, das erste obligatorische Gespräch schreckt ab?

Wir haben die gegenteilige Erfahrung gemacht. Die Menschen sind sehr froh über das Angebot, auf das sie lange gewartet haben. Wir bekommen deutlich mehr Anfragen, als wir annehmen können, weil es begrenzte Kapazitäten in der Beratung und im Labor gibt. Dafür haben die Menschen aber Verständnis.

Drogenberater

Sozialarbeit
Lahrs Behrends ist gelernter Sozialarbeiter und arbeitet seit 17 Jahren bei der Drogenberatung vista in Berlin.