Die Hunde der Farm können frei herumlaufen, viele sehen das kritisch. Foto: factum/Bach

Auf der Jugendfarm in Ludwigsburg hat ein frei laufender Hund einem Kleinkind ins Gesicht gebissen. Der Junge ist auf dem Weg der Besserung. Die Eltern haben Anzeige erstattet – sie machen der Farm schwere Vorwürfe.

Ludwigsburg - Auf dem Gelände der Jugendfarm Ludwigsburg hat sich ein dramatischer Zwischenfall ereignet. Ein dort frei laufender Hund hat einen 14 Monate alten Jungen ins Gesicht gebissen. Nach Angaben der Eltern erlitt das Kleinkind Verletzungen unter dem Auge, am Nasenflügel und an der Oberlippe, die Unterlippe und Zunge seien durchgebissen und gespalten worden. Der Junge wurde sofort operiert und bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen. „Ob Nerven oder der Geschmackssinn beschädigt wurden, wissen wir noch nicht“, sagt die Mutter. Die Ärzte seien aber zuversichtlich, dass sich zumindest die Narben im Gesicht wieder auswachsen und verschwinden.

Die 25 -jährige Mutter und der 28-jährige Vater aus Ludwigsburg machen dem Verein, der die Jugendfarm betreibt, schwere Vorwürfe, und haben Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung gestellt. Sie verweisen darauf, dass der Hund schon einmal ein Kind gebissen habe, was die Halterin bestreitet. Sicher ist, dass die Folgen diesmal deutlich schlimmer sind. Der Vater war am vergangenen Wochenende, wie schon häufig zuvor, mit seinen zwei Söhnen auf dem Gelände. „Weil mein älterer Sohn ein Spielzeug fallen gelassen hat, habe ich mich gebückt“, berichtet er. „Als ich wieder hoch schaute, war es passiert.“ Sein Jüngster habe einen Meter neben dem Hund gestanden, diesen aber nicht beachtet oder angefasst. Das Tier habe unvermittelt zugebissen. „Ich war nur zwei Meter weit weg, konnte aber nichts machen.“ Er habe, so der 28-Jährige, seinen Sohn dann aufgehoben und das viele Blut gesehen.

Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung

Die Polizei bestätigt, dass eine Anzeige eingegangen ist, die derzeit bearbeitet werde. „Uns wurde immer zugesichert, dass die Hunde auf der Jugendfarm harmlos sind“, kritisiert der Vater. „Da spielen viele Kinder.“ Es müsse gewährleistet sein, dass die Tiere damit klar kämen, was offensichtlich nicht der Fall sei. Mit der Anzeige wolle er erreichen, dass die Hunde dort zumindest nicht mehr frei laufen dürfen.

Die Farm bietet Kindern aller Altersklassen unterschiedliche Freizeitmöglichkeiten an und ist bei Familien sehr beliebt, rund 20 Ziegen, Pferde, Schafe, Esel und Hunde leben dort. Bei dem Hund, der den Jungen verletzt hat, handelt es sich um einen Labrador-Husky. Er gehört einer Frau, die dort als Betreuerin arbeitet. „Ich habe volles Mitgefühl für das Kind und die Eltern“, sagt sie. „Es tut mir wirklich unendlich leid.“ Ihr Hund sei seit neun Jahren auf der Farm, sei immer freundlich, friedlich, begrüße Besucher am Tor. „Mir ist unerklärlich, warum das passiert ist.“ Es sei der erste Zwischenfall dieser Art.

Es hat schon einmal einen Vorfall gegeben

In dem Punkt gehen die Meinungen auseinander. Die Eltern des Kleinkinds haben im Internet nach Zeugen gesucht, woraufhin sich tatsächlich eine Frau meldete. Die 30-Jährige erklärt, dass ihr damals drei Jahre alter Halbbruder im Jahr 2011 gebissen worden sei – von demselben Hund und ebenfalls auf der Jugendfarm.

Der Junge trug eine leichtere Verletzung am Arm davon. Der Labrador-Husky wurde danach von einem Experten der Polizei und einem zweiten der Stadt angeschaut. „Der Hund ist nicht negativ aufgefallen und zeigte sich äußerst friedlich“, sagt die Rathaussprecherin Susanne Jenne. Während die Familie des Kindes betont, der Hund habe damals völlig grundlos und mehrfach zugebissen, entgegnet die Hundebesitzerin: „Das war kein Zubeißen, sondern eher ein Zwicken.“ Zudem sei das Kind dem schlafenden Tier zuvor auf den Schwanz getreten.

Es steht Aussage gegen Aussage, aber Fakt ist: vor vier Jahren blieb der Vorfall ohne Folgen, diesmal nicht. „Mein Hund kommt nicht mehr auf die Farm“, sagt die Besitzerin. „Wenn ich dort arbeite, bleibt er jetzt bei meiner Mutter.“

Die Stadt wird den Hund jetzt begutachten lassen

Trotzdem werden sie und ihr Hund, unabhängig von den Ermittlungen der Polizei, bald erneut Besuch von der Stadt bekommen. Diese ist als Aufsichtsbehörde dafür zuständig, dass Hunde korrekt gehalten werden, und der Labrador-Husky soll jetzt begutachtet und eventuell einem Wesenstest unterzogen werden. Denkbar sei, dass eine Maulkorbpflicht angeordnet werde, sagt Jenne. Das Tier einzuschläfern, sei nur eine theoretische Möglichkeit. „Wir suchen nach verhältnismäßigen Maßnahmen.“

In diversen Foren im Internet wird viel über den Fall diskutiert, teils in rüdem Ton. Manche Kommentatoren werfen dem Vater vor, er habe seine Aufsichtspflicht verletzt. Andere fordern, den Hund einzuschläfern und zum Schutz der Kinder auch die anderen Hunde von der Farm zu verbannen. „Das hat das Ausmaß einer Hetzkampagne“, klagt die Hundebesitzerin. Aber sie habe vor allem von Besuchern zuletzt auch viel Zuspruch bekommen. „Viele haben mir bestätigt, dass mein Hund immer sehr lieb gewesen ist.“

Die Forderung, auch die übrigen zwei Hunde aus dem Farmbetrieb auszuschließen, halte sie für völlig überzogen. Es gebe dort seit 40 Jahren Hunde, vorher sei nie etwas passiert. „Natürlich steckt man in einem Tier nicht drin. Man kann hundert Mal hinter einem Pferd vorbei laufen, ohne dass es reagiert, und plötzlich tritt es zu.“ Aber ohne Tiere könne die Farm dicht machen. „Und ich halte es für sehr wichtig, dass Kinder Kontakt zu Tieren haben.“