Sieht so die Erde in 500 Jahren aus? Die Quetzalpetlatl Corona – eine ovale Oberflächenstruktur, bei der es sich nicht um einen Einschlagkrater handelt – auf dem Planeten Venus. Foto: Imago/Cover Images

Der Klimawandel hat bereits heute extreme Auswirkungen auf die Menschheit. Doch was würde passieren, wenn sich Welt um mehr als nur um wenige Grad erwärmt? Forscher haben die dramatischen Folgen analysiert und sind zu beängstigenden Ergebnissen gekommen.

„Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200.“ So beginnt der Vorspann der legendären Science-Fiction-Serie „Star Trek“. Die reale Geschichte könnte auch so beginnen: „Die Erde. Wir schreiben das Jahr 2500.“ Wie wird es um unseren blauen Planeten in 477 Jahren stehen? Wie könnte es der Menschheit in nicht allzu ferner Zukunft aufgrund der Folgen von Klimawandel und globaler Erwärmung ergehen?

Eine völlig andere Erde

So wie heute die aktive Vulkanlandschaft auf Hawaii könnte es in der Zukunft auf dem gesamten Globus aussehen. Foto: Imago/Stock Trek Images

Heute sind Tausende Exoplaneten, potenziell bewohnbare Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, bekannt. Ihre wirkliche Zahl dürfte um ein Vielfaches höher liegen als das, was Astronomen bisher in den Tiefen des Weltalls entdeckt haben. Auf den unbestreitbaren Nachweis von Leben müssen wir aber weiter warten. Ein wichtiger Grund: Der Grat von einer bewohnbaren zu einer lebensfeindlichen Welt ist sehr schmal.

Ein neue wissenschaftliche Klima-Untersuchung greift diese kosmologischen Überlegungen auf und gibt Einblicke in ein Äon, in der die Erde eine völlig andere sein könnte als heute. Die Untersuchung beschreibt eine Zukunft, in der die globale Erwärmung schon sehr weit fortgeschritten ist. Was wären die Folgen für die Erde und das Leben auf ihr?

Wie Temperatur und Wasserdampf zusammenwirken

Der blaue Planet: Heimat der humanoiden Spezies. Foto: Imago/Zoonar

Selbst wenn ein Exoplanet über erdähnliche Zustände verfügt, bedeutet das noch lange nicht, dass er für die Besiedlung durch den Menschen geeignet ist. Denn schon kleinste Änderungen der Parameter in seinem planetarischen Koordinatensystem wie ein Anstieg der Temperatur sowie ein erhöhter Wasserdampf können dazu führen, dass ein Himmelskörper für Lebewesen völlig unbewohnbar wird.

Das ist das erschreckende Ergebnis einer Studie der Universität Genf, die im Fachmagazin „Astronomy & Astrophysics“ („How does the background atmosphere affect the onset of therunaway greenhouse?“) erschienen ist. Erschreckend deshalb, weil dieser potenzielle Planet auch die Erde sein könnte.

Der galoppierende Treibhaus-Effekt

Wellen brechen sich vor Hawaii: Ein starker Temperaturanstieg würde die Ozeane auf der Erde verdunsten lassen. Foto: Imago/Westend61

Die Wechselwirkung von Temperatur und Wasserdampf wird als sogenannter Runaway-Treibhaus-Effekt oder galoppierender Treibhaus-Effekt (englisch: Runaway greenhouse effect) bezeichnet. Gemeint ist damit ein nicht aufzuhaltender und sich selbst verstärkender Treibhauseffekt, der schließlich zur Verdampfung von allem flüssigen Wasser eines Planeten führt. Der Effekt hat mit dem Klima auf der Venus ein bekanntes Beispiel.

Der Runaway-Treibhaus-Effekt funktioniert nach folgendem Prinzip: Erhöhen sich die Temperaturen auf einem Planeten, verdunstet mehr Wasser. Der Wasserdampf in der Atmosphäre verhindert, dass Sonnenenergie in Form von Wärmestrahlung in den Weltraum zurückgestrahlt wird. Der Dampfschleier hält die Wärme wie bei einer Dunstglocke zurück.

Warnsignale von der Venus

Die Venus ist ein kosmischer Glutofen, auf der fast 500 Grad herrschen. Foto: Imago/Zuma Wire

Die Forscher Guillaume Chaverot, Emeline Bolmont und Martin Turbet von der Université de Genève haben diesen Runaway-Treibhaus-Effekt in einem Szenario für die Erde durchgespielt. Zwar ist der blaue Planet weiter von der Sonne entfernt als die Venus, so dass die fatalen Auswirkungen der Sonnenstrahlen weniger gravierend sind. Auf der Venus herrschen Maximaltemperaturen von fast 500 Grad.

Doch der Studie zufolge würde schon ein Anstieg der globalen terrestrischen Temperatur von einigen Grad ausreichen, um einen solchen nicht mehr unumkehrbaren Prozess in Gang zu setzen. In einem solchen Szenario würde sich die Erde von einem gemäßigten Zustand auf über 1000 Grad Celsius erhitzen und damit absolut lebensfeindlich werden.

Die Wissenschaftler verzichten auf eine exakte Temperaturangabe. Sie gehen hypothetisch von einer Steigerung im niedrigen zweistelligen Bereich auf, die zu einer Welt von 1000 Grad Hitze und mehr führen könnte.

Kaskade von Kippelementen

Eisberge vor Grönland: DasAbschmelzen der Gletscher ist einer der prognostizierten Kippelemente in der Klimaforschung.  Foto: Imago/NurPhoto

So sehr sich dieses Szenario auch nach Science Fiction anhören mag, macht es doch auf eine brisante Entwicklung aufmerksam: Schon ein geringer Anstieg der Treibhausgase durch die globale Erwärmung kann eine Kaskade von Kippelementen im Klimasystem der Erde auslösen, die weitere Erwärmungsprozesse nach sich ziehen. Dies könnte zu einem Warmzeitalter führen, das die Erde buchstäblich in ein Treibhaus verwandelt.

Doch bereits die klimatische Entwicklung zuvor wäre für Menschen und viele andere Lebewesen und Pflanzen brandgefährlich. Steigt nämlich die globale Temperatur schon um drei Grad an, könnte bis zu einem Drittel der Erde für die Menschheit nicht mehr oder nur noch unter enormem technischen Aufwand bewohnbar bleiben. Auch bestimmte Kipppunkte wären dann viel schneller erreicht.

„Es gibt eine kritische Schwelle für diese Menge an Wasserdampf, jenseits derer der Planet nicht mehr abkühlen kann. Von dort aus läuft alles aus dem Ruder, bis die Ozeane vollständig verdampfen und die Temperatur mehrere Hundert Grad erreicht“, unterstreicht Guillaume Chaverot.

Der Einfluss der Wolken

Wolkenbildung in der Stratosphäre. Foto: Ray van Zechau/Imago

Wie dieser Transformationsprozess konkret ablaufen könnte, beschreiben die Autoren so: Zuerst bildet sich eine dichte Wolkendecke in der oberen Atmosphäre, wodurch deren Struktur nachhaltig verändert wird. „Die für die Erdatmosphäre typische Temperaturinversion, die die beiden Hauptschichten der Atmosphäre – die Troposphäre und die Stratosphäre – voneinander trennt, ist nicht mehr vorhanden“, schreiben die Autoren.

Innerhalb weniger Hundert Jahre würde auf der Erdoberfläche eine Temperatur von über 500 Grad Celsius herrschen. „Später würden wir sogar bis zu 273 Bar Druck und über 1500 Grad Celsius erreichen, wenn schließlich die gesamten Ozeane verdampft sind“, erläutert Chaverot. Derzeit beträgt der Luftdruck auf Meereshöhe 1,013 25 bar.

Ist Leben im All möglich ?

Terraforming auf einem fremden Planeten Foto: Imago/Science Photo Library

Es war immer das Undenkbare und Unvorstellbare, dass der Wissenschaft den Weg zu neuen Erkenntnissen gewiesen hat. So unrealistisch dieses Szenario auch sein mag, dass die Genfer Forscher aufzeichnen, so wichtig ist es doch, sich mit der Möglichkeit solch radikaler Umwälzungen auf der Erde auseinander zu setzen und Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen.

Laut den Forschern könnten die neuen Erkenntnisse für die Erforschung des Klimas auf anderen Planeten von großer Bedeutung sein. „Durch die Untersuchung des Klimas auf anderen Planeten“, sagt Emeline Bolmont, „wollen wir vor allem herausfinden, ob sie Leben beherbergen können.“