Gesine Lötzsch und Klaus Ernst sind die neuen Parteivorsitzenden der Linken. Foto: dpa

Der bayerische Gewerkschafter und die Ost-Berliner Haushaltsexpertin führen künftig die Linkspartei.

Rostock - Mit überraschend großer Mehrheit hat die Linke Gesine Lötzsch und Klaus Ernst zu ihren neuen Vorsitzenden gewählt und damit eine neue Ära in der noch jungen Parteigeschichte eingeläutet. Die neue Doppelspitze löst Oskar Lafontaine und Lothar Bisky ab, die von den rund 550 Delegierten mit frenetischem Beifall verabschiedet wurden.

Die neue Führung will den bisherigen Erfolgskurs fortsetzen. „Eine starke Linke ist nötiger denn je“, sagte Ernst. Lötzsch betonte, es sei zu wenig, die Bundesregierung kritisch zu begleiten: „Wir wollen das Land wirklich verändern.“

Rekordergebnis für Gesine Lötzsch

Die Ost-Berliner Haushaltsexpertin Lötzsch kam auf ein Rekordergebnis von 92,8 Prozent der gültigen Stimmen. Sie übertraf damit alle Wahlergebnisse ihrer äußerst beliebten Vorgänger Lafontaine und Bisky.

Der bayerische Gewerkschafter Ernst wurde mit 74,9 Prozent der gültigen Stimmen gewählt und ließ seinem Gegenkandidaten, dem weitgehend unbekannten Kommunalpolitiker Heinz-Josef Weich, mit 13,9 Prozent keine Chance. Vor zwei Jahren hatten bei der Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden nur 59,2 Prozent der Delegierten für den 55-jährigen Ernst votiert.

Hardlinerin Wagenknecht als Stellvertreterin

Auch der Geschäftsführerposten ist ab sofort doppelt besetzt. Die Bundestagsabgeordneten Caren Lay und Werner Dreibus wurden zu den Nachfolgern des Linke-Urgesteins Dietmar Bartsch gewählt. Stellvertretende Parteivorsitzende sind die profilierte Sozialpolitikerin Katja Kipping, die linke Hardlinerin Sarah Wagenknecht, die Berliner Pragmatikerin Halina Wawzyniak und der saarländische Parlamentarier Heinz Bierbaum. Bis auf Bierbaum ist die neue Parteispitze komplett im Bundestag vertreten.

Erste Sondierungsgespräche in NRW

Die guten Ergebnis erzielte das neue Führungsduo Ernst und Lötzsch unter dem Eindruck des Wahlerfolgs der Linken in Nordrhein-Westfalen und einer möglichen Regierungsbeteiligung. Ernst und auch Lafontaine bekräftigten am Rande des Parteitags, dass die Linke zur bundesweit ersten Koalition mit SPD und Grünen bereit sei. „Wenn die Inhalte stimmen, dann wollen wir regieren“, sagte Ernst. Ende kommende Woche sollen in Düsseldorf erste Sondierungsgespräche geführt werden.

Die Parteitagsregie wurde weitgehend vom Fraktionschef Gregor Gysi übernommen. Er verabschiedete die alten Vorsitzenden und stellte die neue Führungsriege vor. Bisky und Lafontaine maß er eine existenzielle Bedeutung für die Linke bei. Bisky habe die Linkspartei 2003 in einer schwierigen Situation mit einer erneuten Kandidatur als Parteivorsitzender gerettet.

Großer Beifall für Lafontaine und Bisky

Lafontaine habe die Fusion der westdeutschen WASG und der ostdeutschen Linkspartei/PDS erst ermöglicht. „Oskar, ohne Dich gäbe es uns so gar nicht. Deshalb danke“, sagte Gysi. Für Ernst und Lötzsch warb er mit den Worten: „Die sind so was von verschieden, dass daraus nur was gemeinsames entstehen kann.“

Der Rückzug Lafontaines aus gesundheitlichen Gründen nach einer Krebsoperation hatte den Führungswechsel erforderlich gemacht. Bisky hatte schon lange vorher angekündigt, nicht mehr kandidieren zu wollen. Nach heftigen parteiinternen Auseinandersetzungen war auch Bundesgeschäftsführer Bartsch nicht wieder angetreten.

Lafontaine: Erfolgreiche Strategie niemals auswechseln

Mit einer flammenden Rede verabschiedete sich Lafontaine von den Delegierten. Er warb dafür, den Erfolgskurs der letzten Jahre „unbeirrbar“ fortzusetzen. „Eine erfolgreiche Strategie wechselt man niemals aus“, rief er den Delegierten zu. Die Linke sei „die Partei des demokratischen Sozialismus“ eine „Bewegung der demokratischen Erneuerung“ und „die einzige Antikriegspartei Deutschlands“. „Wir sind die erfolgreichste Gründung in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Kriege“, resümierte der frühere SPD-Bundeschef seine Zeit als Vorsitzender.

Die Linke ist inzwischen in 13 von 16 Landtagen vertreten, zweitstärkste Oppositionsfraktion im Bundestag vor den Grünen und die Mitgliederzahl wächst.