Die Schule ernst nehmen und im Unterricht aufpassen – das ist die Jugend von heute Foto: dpa

Kein Grund zum Meckern über unsere Jugend. Denn sie ist leistungsorientiert,sozial, positiv gestimmt und liebt die Familie. Mit einem Wort: „Appsolutely smart“, so der Titel der Studie „Jugend.Leben“, die auf der Didacta von den Autoren Sabine Maschke und Ludwig Stecher vorgestellt wurde.

Stuttgart - Wie tickt die Jugend? Erschreckendes ist oft über sie zu lesen. Schlagzeilen von Gewaltbereitschaft, Komasaufen und der Porno-Jugend vermiesen das Image. „Mit diesen Labels wird ein falsches Bild von der Jugend gezeichnet“, kann Ludwig Stecher entschieden feststellen. Es sind die „digital natives“, also jene, die mit Cyber und Internet aufgewachsen sind, denen Wissenschaftler der Universität Gießen genauer auf den Zahn fühlen wollten. Mit Unterstützung aus den Universitäten Köln und Siegen haben Maschke und Stecher 6000 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren, aus allen Schularten und Bildungsschichten, ausgefragt: Zu Familie, Schule, Freunde, Glaube und Religion, politisches Engagement und Vorstellungen für die eigene Zukunft. Herausgekommen ist das Portrait einer Generation, die von den Autoren im Wortspiel mit Digital-Bezug als „Appsolutely smart“ bezeichnet wird und „mit der wir“, so Stecher, „sehr zufrieden sein können“. Die Studie sei zwar in Nordrhein-Westfalen erhoben worden, aber sicher auf das ganze Bundesgebiet übertragbar.

Sind die Aufmüpfigen nicht mehr im Trend? Kam die Rebellion aus der Mode? Ganz offensichtlich, denn die Studie attestiert den Kindern und Jugendlichen, dass sie sich an der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung orientieren und mehrheitlich regelkonform verhalten. Sie schätzen die Erwachsenen, vor allem die Eltern, als Ratgeber, vertrauen sich ihnen an und pflegen ein liebevolles Miteinander: Bloß keinen Stress. 77 Prozent sind sogar so zufrieden mit der Erziehung ihrer Eltern, dass sie es bei ihren eigenen Kindern mal ganz genau so machen wollen. Vater und Mutter sind wichtige Vorbilder, wenn auch für Buben manchmal Sportler und Mädchen Pop-Größen noch höher im Rang stehen. „Früher vielleicht, aber jetzt sind meine Eltern meine wichtigsten Vorbilder“, sagte Lilith Weissflog, Schülerin der Waldorfschule am Kräherwald, bei der Präsentation,und war darin mit ihren Mitschülern Laura Egerer und Luka Fien einig.

Niemand wird mehr als Streber gebrandmarkt. Im Gegenteil: Mit guten Noten kann man bei Freunden punkten, gute Noten werden auch überwiegend den Schulen und Lehrern erteilt. Und in den Werten, die für eine Beziehung als wichtig erachtet werden, stehen Vertrauen (95 Prozent) und Treue (92 Prozent) ganz oben auf der Skala. Wohingegen der Sex gerade mal mit 33 Prozent zu Buche schlägt. Generation Porno? Sie kenne solche Leute, sagt Laura Weissflog, „aber für uns ist das nicht so wichtig.“

„Wir haben generell eine positive Entwicklung festgestellt“, betonte Sabine Maschke bei der Präsentation am Mittwoch auf dem Forum Berufliche Bildung. Eine Vorgängerstudie aus dem Jahr 2001 mit dem Titel „Null Zoff & voll busy“ bietet die Möglichkeit des Vergleichs. „Daher wissen wir auch, dass die Kindheit früher endet“, sagt Sabine Maschke. Das erste eigene Handy haben die Kids spätestens mit zehn Jahren, früher waren es 15.

Ist das alles nicht zu sehr geschönt? Wo bleiben die bildungsfernen Familien und sozialen Brennpunkte? „Natürlich haben uns auch Kinder und Jugendliche von häuslicher Gewalt und anderen Krisen erzählt“, räumt Stecher ein. Aber unterm Strich bleibe das überwiegend positive Fazit. „Ich hoffe“, sagt Stecher, „dass diese Studie einen entspannteren Blick auf die Jugend fördert.“