Anhänger der deutschen Fußballnationalmannschaft feiern auf der Theodor-Heuss-Straße den WM-Auftaktsieg gegen Australien. Foto: dpa

Wenn die Deutschen gegen Serbien gewinnen, erwartet die City einen Verkehrsinfarkt.

Stuttgart - Wenn das deutsche Team bei der Fußball-WM gegen Serbien gewinnt, erwartet die Innenstadt einen Verkehrsinfarkt. Der Feierabendverkehr am Freitagnachmittag bringt allein schon lange Blechkolonnen - wohin mit einem Jubelkorso?

WM-Fans gegen Berufspendler - so lautet die Partie auf Stuttgarts Straßen, und knapp 100 Polizeibeamte spielen Schiedsrichter. Wie schon am Sonntagabend versucht die Stuttgart in Polizei am Freitagnachmittag den Jubel in geordneten Bahnen zu halten - sollte sich das deutsche Nationalteam mit einem Sieg über Serbien vorzeitig fürs WM-Achtelfinale in Südafrika qualifizieren. Das Problem: Die Theodor-Heuss-Straße, die neuerdings konsequent Fußgängerzone werden soll, muss diesmal möglichst frei bleiben. "Sonst", sagt Polizei-Einsatzleiter Roland Haider, "bricht alles zusammen."

Ein Tag voller Unwägbarkeiten: Wie viele Fans sich überhaupt am Freitagnachmittag die Zeit nehmen können, die WM in der Stuttgarter Innenstadt zu feiern, ist nicht bekannt. Sicherlich weniger als am Sonntag, heißt es. Nach dem deutschen Sieg gegen Australien waren etwa 1000 Fahrzeuge im Korso unterwegs - und sie wurden erstmals auf einen neuen Kurs gelotst.

"Warum muss die Stadt den Leuten den Spaß verderben?"

Während die Partymeile Theodor-Heuss-Straße von der Polizei Abschnitt für Abschnitt autofrei gesperrt wurde, rollten die hupenden Autos auf der Achse Rotebühl- und Österreichischer Platz sowie vorm Hauptbahnhof. "Verkehrspolizeilich gesehen kein schlechtes Konzept", sagt Haider, dessen Ziel es ist, Fußgänger und Autos aus Sicherheitsgründen zu trennen. Der Karnevalsumzug verlagerte sich prompt vor den Hauptbahnhof. "Die Schillerstraße war kurzfristig dicht", sagt Haider. Die Einsatzkräfte müssten darauf flexibel reagieren. Flexibilität ist auch beim Freitagsspiel gefragt, das um 13.30 Uhr angepfiffen wird und gegen 15.20 Uhr endet. Wo nichts mehr geht, muss gesperrt und umgeleitet werden, heißt es in den Einsatzplänen.

Aus den Reihen der Gastronomie ist bereits erste Kritik am neuen Konzept zu hören. "Ohne Zuschauer hat ein Autokorso doch keinen Sinn", sagt der Betreiber des Palasts der Republik, traditioneller Brennpunkt am Verkehrsknoten Friedrich-/Theodor-Heuss-/Bolzstraße. "Hier ist noch nie etwas passiert, warum muss die Stadt den Leuten den Spaß verderben?" Ins Bild von amtlichen Spaßverderbern passt nach Ansicht von Gastronomen auch ein Schreiben des Ordnungsamts an die Gaststättenbetreiber, in dem es zur WM mahnend heißt: "Bitte respektieren Sie auch das Ruhebedürfnis Ihrer Nachbarn, und wirken Sie bei Bedarf auf Ihre Gäste entsprechend ein."

WM - mittags und ohne Public Viewing: Das gab es auch schon 2002. Das Viertelfinale Deutschland - USA (1:0) wurde ebenfalls an einem Freitag um 13.30 Uhr angepfiffen. Fußgänger stürmten nach Spielende auf Höhe des Palasts der Republik die Bundesstraße - trotz Polizeiabsperrungen. Mit Hilfe der Fußgängerampel wurde die Straße effektiv in einen Großparkplatz umgewandelt. Gebremst wurde der kollektive Freudentaumel nur durch ein nicht planbares Ereignis: Über Stuttgart ging ein heftiger Hagelschauer nieder.