Im zweiten Gang durch Cottbus: Der knallrote Trabi fällt überall auf. Foto: Schreiber

Ostalgie-Touren sind beliebter denn je. Wie die DDR war? Man erfährt es im Trabi in Cottbus.

Manchmal sind die Straßen noch so schlecht wie damals. Dann hoppelt der Trabi über das Cottbuser Pflaster und schüttelt seine Insassen durch. Das Einheitsgefährt der DDR-Bürger kennt keinen Komfort. Es ist eng, die Oberschenkel klemmen unter dem Lenkrad fest. Das Bremspedal versteht nur harte Tritte, für die komplizierte Lenkradschaltung braucht man einen Einführungskurs. Autofahren musste in der DDR nur den Zweck erfüllen, von A nach B zu kommen.

Aber jetzt macht es Spaß, über die Cottbuser Straßen zu tuckern, den Zweitakter als Rhythmusgeber im Ohr. Andere Verkehrsteilnehmer freuen sich nicht über den Trabi vor ihrer ausladenden Motorhaube, aber die Passanten am Wegrand lächeln, wenn sie einem Begleiter aus ihrem alten Leben begegnen.

Das rote Modell trägt das Nummernschild SPN–BH64, steht nachts auf einem Parkplatz im Landkreis Spree-Neiße, ist tagsüber fest in Touristenhand. Sein Eigentümer Bernd Hauptmann ist Fahrlehrer, er verhehlt aber nicht, dass das Geschäft mit seinen 13 Trabis besser läuft als jenes mit den Schülern.

Die Tour in der Spur der DDR führt zum Cottbuser Staatstheater, ein Jugendstilgebäude mit hohen Mauern, auf denen viele Figuren sitzen. Rundherum gibt es noch vereinzelt gesperrte Straßen, die saniert werden. Am Theatereingang wartet Matthias Günther, seit drei Jahrzehnten technischer Direktor. Er erinnert sich an jedes Stück, das hier zu DDR-Zeiten gespielt wurde, kennt alle Schauspieler, jeden Platzanweiser, jeden Riss und jede Wunde im Gemäuer. Das Theater ist in erstaunlich gutem Zustand, was es überraschenderweise der guten Pflege in kommunistischer Zeit verdankt. „Anderswo wurden alle Jugendstil-Elemente weggekloppt. Wir hatten sogar Denkmalpfleger“, erzählt Günther. Bei den DDR-Bürgern war das Theater mit seinen 600 Plätzen begehrt. Die Wartezeiten für eine Karte zum „Traumboot der Liebe“ betrugen bis zu sechs Monate.

Der Radsportclub Cottbus (RSC) erhielt noch im Oktober 1987 ein neues Bahnradstadion. Der Weg dorthin führt mit dem Trabi durch die Innenstadt, dann auf die Stadtumfahrung, eine neue vierspurige Straße, auf der der Verkehr Richtung Polen rollt. Viele Lkw sind hier unterwegs, im Trabi fürchtet man sich manchmal, von ihnen überrollt zu werden. Ein paar Jugendliche sausen bei der Ankunft durchs Oval. Die Nachwuchsschmiede Cottbus läuft immer noch rund. Die großen Erfolge gab es aber in den 1980er Jahren, als der kalte Krieg auf den Sportplätzen tobte. Dirk Meier holte zu der Zeit eine olympische Silbermedaille im Bahnradfahren. Heute steht er als Berater neben der Bahn und erklärt, wie verbissen der Kampf geführt wurde. Mit Kisten voller Lebensmittel reisten er und seine Kollegen zu Wettbewerben in die USA. „Von den Gurken bis zur Blockschokolade hatten wir alles dabei. 100000 Dollar Übergepäck. Drüben hätten wir alles für Pfennige bekommen.“

Nur wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt, die mit dem Auto ob der verwirrenden Verkehrsführung aber einen längeren Zickzackkurs erfordern, steht ein weiterer Ex-DDR-Sportler am Rande der Bande. Leicht fröstelnd kommt man am Fußballstadion bei Ralf Lempke an. Lempke ist Rekord-Spieler bei Energie Cottbus mit mehr als 400 Einsätzen zu DDR-Zeiten. Heute arbeitet er als Marketing-Leiter für seinen Verein, der sich gerade anstrengt, in die 1. Bundesliga zurückzukehren. Was anderswo Arena heißt, nennt sich hier noch Stadion der Freundschaft, immerhin sind die Zuschauerplätze größtenteils modernisiert. Vor dem Stadion steht der rote Trabi. Obwohl er nur 26 PS hat, braucht der Motor acht Liter auf 100 Kilometer – und muss zur Tankstelle. Im Raum Cottbus gibt es nur noch eine, die „Gemisch“ verkauft. Öl ist dem Benzin schon beigefügt, Blei muss man selbst reinschütten. Dann hoppelt der Trabi wieder los: die reine Freude am Fahren.

Cottbus

Anreise
Verbindungen mit der Bahn über Berlin und Leipzig, jeweils etwa zwei Stunden. Flugzeug: am besten Berlin anfliegen, zum Beispiel mit Lufthansa oder Air Berlin. Weiter mit dem Zug oder Mietwagen. Auto: von Süden am besten über Dresden nach Cottbus, sonst über Berlin oder Magdeburg.

Unterkunft
Radisson Blu: direkt am Bahnhof, viele Extras. Zimmer ab 59 Euro/Nacht, www.radissonblu.com/hotel-cottbus. Mehr Hotels im Spreewald und in Brandenburg etwa unter www.neckermann-reisen.de.

Trabi-Tour
Zwei Stunden ab 55 Euro. Halber Tag: 65 Euro. Ganzer Tag: 95 Euro. Trabi-Cabrio ab 78 Euro. Vermietung über Fahrschule Bernd Hauptmann, Telefon 0355/4948489, www.berndhauptmann.de.

Staatstheater
Im Oktober und November werden zum Beispiel „Das Tagebuch der Anne Frank“, „Orpheus in der Unterwelt“ oder „Cosi fan tutte“ gespielt. Karten ab 16 Euro, www.staatstheater-cottbus.de.

Energie Cottbus
Heimspiele im Oktober und November gegen St. Pauli, Fürth, Paderborn und Ingolstadt. Stehplatz: zehn Euro. Sitzplatz: ab 13 Euro, www.fcenergie.de.