Von Markus BrauerEs gibt Dinge in der Katholischen Kirche, die sind

Von Markus Brauer

Es gibt Dinge in der Katholischen Kirche, die sind offenbar unausrottbar: etwa dass ein Papst sich nicht zu unangenehmen Vorgängen der Vergangenheit äußert, in die er selbst involviert war. Viele wollen wissen, in welcher Weise Joseph Ratzinger als Erzbischof von München und Freising von dem Missbrauchsskandal in seiner Erzdiözese wusste und was er damals hätte verhindern können. Dabei geht es nicht um eine Kampagne oder den Versuch, Benedikt XVI. persönlich in den Missbrauchsfall hineinzuziehen, wie der Vatikan unterstellt. Ein solcher Vorwurf erregt nur den Verdacht, dass sich die Kirche in der bewährten Wagenburgmentalität gegen Attacken von außen schützen will.

Dass Ratzinger etwas von dem Fall gewusst haben muss und als Erzbischof die volle Verantwortung für alles trug, was in seiner Erzdiözese geschah, ist auch kirchenrechtlich unbestritten. Das anzuerkennen würde der Kirche nicht zum Schaden gereichen. Im Gegenteil: Ein Kirchenoberhaupt, das fehlen kann, ist zutiefst menschlich und glaubwürdig. Es wäre eine kleine Geste, wenn Benedikt nur ein paar Sätze verlieren würde. Eine Geste, die aber mehr ausdrücken würde als all die vielen Erklärungen, die Kirchenmänner in diesen Tagen über die unseligen Missbrauchsfälle öffentlich verbreiten.

Doch der Papst schweigt. Er schweigt so beharrlich, dass man kaum daran glauben mag, dass er irgendwann doch noch reden könnte. Vor seinen Getreuen wie dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch hat er die Missbrauchsverbrechen erneut verdammt. Das ist gut so, aber es reicht nicht. Weder für die Opfer noch die Gläubigen oder alle Menschen guten Willens, für die die Kirche eine moralische Instanz ist. Ihr Ruf hat genauso gelitten wie ihre Glaubwürdigkeit. Leicht wird es nicht, das missbrauchte Vertrauen wiederherzustellen. Am besten fängt der Papst bald damit an - indem er endlich sein Schweigen bricht.