Alfons Scheirle und „Die Trollinger“: Volksweisen zum Mitsingen Foto: Gottfried Stoppel

Die Veranstaltung „Remstal singt!“ sollte am Sonntag mit „An Tagen wie diesen“ von der Punk-Band aus Düsseldorf ausklingen. Doch unterm Kappelberg erklingt „Muss i denn“.

Jule Seifert hatte erst in Remseck vorbeigeschaut, wo auf dem Marktplatz gesungen wurde. Auch in Schmiden war sie. Doch die Oeffingerin entschied sich für das offene Singen von „Remstal singt!“ auf dem Platz vor dem Stadtmuseum in Fellbach. „Das war ein Fehler“, sagte Jule Seifert. Denn ausgerechnet unterm Kappelberg erklangen keine Toten Hosen, doch genau darauf – aber auch darauf, im großen Kreis ein paar fröhliche Lieder zu trällern – hatte sich die 60-Jährige am meisten gefreut.

„Das kennen und können die Leute nicht“

Elf Städte und Gemeinden im Remstal hatten sich am Sonntag an „Remstal singt!“ beteiligt, das von Remstal Tourismus koordiniert worden war, unterstützt durch das Kulturbüro Schwäbisch Gmünd. Gesungen wurde in Remseck am Neckar, Waiblingen, Fellbach, Weinstadt, Remshalden, Urbach, Schwäbisch Gmünd, Waldstetten, Böbingen, Mögglingen und Essingen – und überall erklang zum Abschluss der Hit der Punkband aus Düsseldorf. Außer eben in Fellbach. Zumindest in einem Teil davon. Denn in Schmiden, wo der umtriebige Chorleiter Kai Müller das offene Singen – unterstützt von einigen Sängerinnen und Sängern der Concordia Schmiden – in der Scheune beim Großen Haus anleitete, wurde der Hit angestimmt. „Wir hatten unseren Spaß, auch wenn es nicht perfekt war“, sagte Kai Müller.

Die Toten Hosen hatten sich in einer zehntägigen Online-Abstimmung gegenüber Reinhard Meys „Über den Wolken“ als diesjähriges Schlusslied durchgesetzt. „An Tagen wie diesen“ sollte in allen teilnehmenden Kommunen kurz vor 17 Uhr gemeinsam ertönen. Doch der Megahit, den nicht nur jeder Fußballfan kennt, wurde in Fellbach nicht gesungen. „Das kennen und können die Leute nicht, sagte Alfons Scheirle kategorisch. Deshalb habe er entschieden stattdessen „Muss i denn“ anzustimmen. Das sei schließlich der „einzige Welthit, der aus dem Remstal stammt“, erklärte der 88-Jährige. Es sei das – damals gewählte – Abschlusslied beim offenen Singen im Rahmen der Remstal-Gartenschau 2019 gewesen. „Das hätte ich sowieso wieder vorgeschlagen“, sagte Scheirle, doch damit stieß der ehemalige Gymnasiallehrer bei den Organisatoren nicht auf offene Ohren – und deren Liedauswahl bei ihm nicht auf Gegenliebe.

Volksweisen statt Pop- und Punkmelodien

Die Toten Hosen hätten auch kaum in Scheirles Setliste gepasst. Die Liedauswahl für das Offene Singen mit den Trollingern vor dem Fachwerkhaus, das das Stadtmuseum Fellbach beherbergt, war eher traditionell. „Die Gedanken sind frei“, „Ein Heller und ein Batzen“ oder „Vor meinem Vaterhaus steht eine Linde“.

„Einige Jüngere und auch ein paar Familien sind ziemlich schnell wieder verschwunden“, sagte Jule Seifert. Auch die Oeffingerin hatte auf etwas schwungvollere Weisen gehofft, wollte das Finale aber auf keinen Fall verpassen und blieb. Sie wartete vergebens auf „An Tagen wie diesen“. Wie auch einige andere unter den rund 80 Frauen und Männer. Die Mehrheit der Mitsängerinnen und -sänger, die überwiegend älteren Semesters waren, schienen mit dem präsentierten Liedgut einig und verabschiedeten sich zufrieden. Jule Seifert hingegen zog enttäuscht – und ungesungen – von dannen.