Stimmt so – was im Restaurant guter Brauch ist, kann gegenüber dem Finanzamt nicht der Maßstab sein. Foto: dpa/Jens Kalaene

Bei Bargeldgeschäften ist die Besteuerung zu sehr ins Belieben des Einzelnen gestellt. Das belastet ehrliche Händler, verzerrt den Wettbewerb und verschiebt die Steuerlast, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Am 22. Dezember 2016 trat in Deutschland ein Gesetz in Kraft, das allen Händlern vorschrieb, ihre elektronischen Kassensysteme wirksam gegen Manipulationen zu schützen und bei Barverkäufen Kassenbons auszustellen. Wirksam wurden die Regeln aber erst nach drei Jahren, die nun, zur Überraschung der Beteiligten, abgelaufen sind. Dennoch verhalten sich manche Wirtschaftsverbände, als sei der Politik spontan eine Gemeinheit eingefallen. Tatsächlich gingen manche Branchen mit den neuen Regeln um wie einst die Autoindustrie mit der Verschärfung von Schadstoffgrenzwerten: Sie setzten darauf, dass Regeln, denen man keine Beachtung schenkt, auch nicht durchsetzbar sind. Das kann täuschen.

Legale Kassen als Ladenhüter

Gar nicht so wenige schwarze Schafe haben sich in dem System komfortabel eingerichtet. Sie gaben ihr Geld nicht fürs Finanzamt aus, sondern für Kassen, bei denen sich die Umsätze nachträglich verändern oder gar löschen lassen. Legale Kassen entwickelten sich zu Ladenhütern, denn die Betrugssoftware passt die Buchführung heute so gut an die Manipulationen an, dass Betriebsprüfern keine Widersprüche mehr auffallen. Diesem Treiben, das den Wettbewerb verzerrt, ehrliche Kaufleute in den Ruin treiben kann und zu einer Schieflage bei der Steuerbelastung führt, darf ein Staat nicht tatenlos zuschauen.

Augenmaß ist dennoch nötig

Gleichwohl muss er mit Augenmaß vorgehen. Eine Bagatellgrenze, wie die FDP sie fordert, nimmt dem bürokratischen Aufwand die Spitze, weil eine Brezel dann weiter ohne Quittung verkauft werden kann. Am Ende aber muss der Staat zwingend durchsetzen, dass die Steuern nicht nach Belieben gezahlt werden können. Denn ein Staat, der seinen eigenen Regeln keine Geltung mehr verschafft, verliert den Respekt der Bürger.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de