Sexueller Missbrauch: Unter den Betroffenen waren häufig sehr junge Kinder (Symbolfoto) Foto: IMAGO/Daniel Scharinger/IMAGO/Daniel Scharinger

Mehr als 17.000 Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren sind 2022 in Deutschland Opfer von sexuellem Missbrauch geworden. Unter den 17.168 Betroffenen waren häufig sehr junge Kinder, teilte das Bundeskriminalamt in einem neuen Bundeslagebild mit.

Mehr als 17.000 Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren sind im vergangenen Jahr in Deutschland Opfer von sexuellem Missbrauch geworden. Unter den 17.168 Betroffenen waren häufig sehr junge Kinder, wie das Bundeskriminalamt (BKA) am Montag in seinem neuen Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen mitteilte. In fast jedem siebten Fall war das Opfer demnach jünger als sechs Jahre. 

Im Vergleich zum Vorjahr 2021 blieb die Zahl der Opfer unter 14 Jahren in etwa gleich, sie sank um 1,9 Prozent. Auch die Zahl der Verdächtigen blieb nahezu gleich. Etwas mehr als jeder vierte Fall von Kindesmissbrauch ereignete sich in Nordrhein-Westfalen. Grund dafür sind umfangreiche Fallkomplexe in Lügde, Bergisch Gladbach und Münster. In etwas mehr als jedem fünften Fall gehören Täter und Opfer zur selben Familie.

Auch im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen blieb die Fallzahl weitgehend unverändert, im Vergleich zu 2021 sank sie um ein Prozent auf 1135. Auch wurden 1,2 Prozent weniger Opfer gezählt, die Zahl liegt jetzt bei 1211. Zwischen Täter und Opfer gab es in mehr als jedem zweiten Fall eine Vorbeziehung. Die Zahl der Verdächtigen sank um 2,7 Prozent auf 925. Auch dabei gab es mit 31,3 Prozent die meisten Fälle in Nordrhein-Westfalen.

Erwerb und Besitz von Kinderpornografie: Anstieg um 7,4 Prozent

Zudem registrierten die Behörden im vorigen Jahr 42.075 Fälle der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes von Kinderpornografie. Verglichen mit dem Vorjahr 2021 bedeutete das einen Anstieg um 7,4 Prozent. Die Zahl der Fälle mit jugendpornografischen Inhalt stieg nach Angaben des BKA um rund 32 Prozent auf 6746 Fälle.

„Das Bundeslagebild zeigt deutlich das entsetzliche Ausmaß von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Kinder zu schützen habe für sie höchste Priorität. Kein Täter dürfe sich sicher fühlen und kein Opfer ohne Hilfe bleiben. 

Hinweise über den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen oder die Verbreitung von pornografischen Inhalten bekommt das BKA hauptsächlich vom National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) - einer renommierten Organisation aus den USA, die Hinweise im Zusammenhang mit Straftaten an Kindern entgegennimmt und an die Behörden weiterleitet. 2022 waren es insgesamt 89.850 strafrechtlich relevante Inhalte, die das BKA erreichten und Ermittlungen auslösten. 

Kinder und Jugendliche verbreiten Pornografie unbedacht in sozialen Medien

Die gestiegenen Fallzahlen bei Kinder- und Jugendpornografie sind laut BKA auf ein gestiegenes Hinweisaufkommen zurückzuführen. Ein weiterer Grund ist die unbedachte Verbreitung der Darstellungen durch Kinder und Jugendliche in den sozialen Medien. 40 Prozent der Verdächtigen im Bereich der Verbreitung von Kinderpornografie waren minderjährig. 39,5 Prozent der Verdächtigen im Bereich der Jugendpornografie waren selbst zwischen 14 und 17 Jahre alt.

Ziel des neuen Bundeslagebilds sei, durch verbesserte Erkenntnisse Missbrauch frühzeitig zu erkennen, gegen diesen konsequent vorzugehen und Kindern und Jugendlichen ein Aufwachsen fernab sexueller Gewalt zu ermöglichen, ergänzte BKA-Präsident Holger Münch.