Der von Pfleger groß gepäppelte ehemalige Heuler schaut als junger Seehund noch etwas ängstlich drein: Wo geht es jetzt hin? Foto: dpa

An der Nordsee werden verlassene Seehund-Babys in Aufzuchtstationen liebevoll aufgepäppelt – und dann in die Freiheit entlassen. Die Bilder von der Auswilderung sind herzerweichend.

Norddeich - Wenn man an der Nordsee Urlaub macht, lohnt sich eine Schiffstour zu den Seehundbänken. Dort kann man die Tiere mit ziemlicher Sicherheit in freier Natur sehen und nicht nur im Zoo. Allerdings liegen sie in aller Regel ziemlich faul da, und nur gelegentlich kommt etwas Leben in die Kolonie. In anderen Gegenden der Welt kann das anders sein: So tummelt sich zum Beispiel im Hafen von San Francisco auf dem berühmten Pier 39 eine ganze Kolonie von Seelöwen – und da ist fast immer etwas los.

Doch zurück zur Nordsee. Dort kann man zum Beispiel das ganze Jahr über die Seehundstation Nationalpark-Haus im Stadtteil Norddeich der ostfriesischen Stadt Norden besuchen. Dort zieht ein Team von Profis und freiwilligen Helfern verwaiste Seehundbabys auf, die sogenannten Heuler. Die heißen so, weil sie richtig heulen, wenn sie den Kontakt zur Mutter verloren haben. Mit ihrem Geschrei wollen sie die Mutter wiederfinden, was leider nicht immer klappt. Immer wieder werden die Mütter von ihrem Nachwuchs getrennt, zum Beispiel wenn sie von Menschen am Strand gestört werden.

Heuler nicht anfassen

Spaziergänger sollten die Tiere nie anfassen, sagen Naturschützer, sondern Abstand halten und Behörden verständigen. Dann werden die Heuler in spezielle Seehundstationen gebracht. Dort werden sie aufgepäppelt und großgezogen, bis sie wieder in die Freiheit entlassen werden können.

Die Seehundstation Friedrichskoog in Schleswig-Holstein hat bereits Ende Juli die ersten jungen Seehund-Waisen dieser Saison ausgewildert. Nun dürfen auch die ersten Heuler aus der Seehundstation Nationalpark-Haus nach ihrer Aufzuchtzeit an Land in die Nordsee zurückkehren. Dazu müssen sie mindestens 25 Kilogramm wiegen, zudem haben sie vorher ein gezieltes Schwimmtraining absolviert. In freier Natur haben derzeit die jungen Seehunde gute Überlebenschancen. Bei Beobachtungsflügen wurden in den Nordsee-Anrainerstaaten Deutschland, Dänemark und Niederlande im Jahr 2017 rund 25 000 Tiere gezählt. Ende August werden die Zahlen aus diesem Jahr zusammengerechnet.