Im Besen Eißele wirtschaftet neuerdings das Stettener Bürgstüble. Foto: Gottfried Stoppel

Welche Formen von Besenwirtschaften wird es in der Zukunft geben? Eine Antwort könnte man vielleicht bei der Familie Eißele in Kernen finden, deren Wirtschaft seit Kurzem an das Stettener Burgstüble verpachtet ist.

Die Wohnung ist voll, überall stehen Tische und Stühle, und eigentlich scheint überhaupt kein Platz mehr frei zu sein. Da kommt der Wengerter dazu und sorgt für flexible Lösungen: „Rutschat a bissle zamma, no langt’s für älle.“ So funktioniert ein Besen in traditioneller Form. Alles geht wohl auf einen Erlass von Karl dem Großen im Jahr 812 zurück. Auf jeden Fall dürfen Weinbauern seitdem zeitlich begrenzt ihren eigenen Wein ausschenken – und unterliegen damit nicht der Gaststättenverordnung. Früher räumten die Wengerter für ein paar Wochen ihre eigene Wohnung aus, um Platz für die Gäste zu schaffen.

Wichtig ist die Gemütlichkeit

Inzwischen gibt es viele Formen: umgebaute Scheunen, klassische Wohnungen oder Besen, die von normalen Wirtschaften kaum zu unterscheiden sind. Was im Idealfall über all die Jahrzehnte gleichgeblieben ist: die Gemütlichkeit. Nirgends kommt ein Mensch mit einem ihm bis dahin völlig unbekannten Nachbarn so schnell ins Gespräch wie in der Besenwirtschaft.

Wo allerdings liegt die Zukunft dieser besonderen Gemütlichkeit, die irgendwie dem Kalkül heutiger wirtschaftlicher Effizienz und betrieblicher Personaldecke komplett widerspricht – in der Trennung von Weinproduktion und Ausschank? Im Weingut, das sich ein paar Tage Ausschank leistet – am besten im Sommer mit Weinfest und 1000 Gästen? In der Beschränkung der zu bearbeitenden Rebfläche auf das für einen Besen Nötigste und nebenbei Machbare? Oder gleich im kompletten Schwerpunkt auf Gastrobetrieb mit etwas Weinbau?

Motto „Burgstüble trifft Besen“

Wir sitzen in der seit einigen Jahrzehnten etablierten Besenwirtschaft Eißele im Außenbereich zwischen Stetten und Rommelshausen und reden nicht mit den Wengerter des Weinguts, sondern mit Achillefs Mantelis, Chef im Stettener Burgstüble. Zwischen November vergangenen Jahres und Januar hat er mit seinem Team probeweise die Bewirtschaftung des Besens übernommen – zusätzlich zu der im Restaurant am Stettener Sportplatz. Und die Kooperation zwischen Weingut und Wirtschaft hat beiden Seiten so gut gefallen, dass seit Anfang Februar ein festes Pachtverhältnis daraus geworden ist. „Burgstüble trifft Besen“, lautet das Motto. Und der gebürtige Grieche mit Leidenschaft für die schwäbische Küche hat das Gefühl, dass er mit seinem Teams hervorragend in der traditionellen schwäbischen Besenwirtschaft angekommen ist. Die Speisekarte entspricht dem, was ein Besen gemeinhin zu bieten hat – mit Schlachtplatte, Kraut, Bratwurst oder Schmalzbrot. Aber auch mit dem schon seither bei den Eißeles gebotenem Tafelspitz mit Brot.

Neu ist die Wochenkarte, die von Donnerstag bis Samstag jeweils Rinderleber mit Bratkartoffeln, Saure Kutteln mit Bratkartoffeln und Tellerrostbraten mit Bauernbrot bietet. Nur um den Rostbraten, sagt Mantelis, habe es zunächst etwas Diskussionen gegeben. „Freut euch neben dem Tafelspitz mit Meerrettichsoße oder dem gegrillten Schweinebauch aus dem Backofen auf viele tolle Besengerichte und natürlich auf ein schönes Viertele“, schreibt das Stettener Burgstüble zur neuen Zusammenarbeit mit dem Weingut Eißele auf der eigenen Internetseite. Dass die Sache mit der Kooperation zwischen Wengerter und Wirt hervorragend angelaufen sei, bestätigt auch Jochen Eißele. „Gut“ lautet seine schlichte Antwort auf die Frage, wie dieses neue Konzept denn funktioniere. Es habe seit längerem Gespräche gegeben, zwischen ihnen und örtlichen Wirtschaften. Denn im Weingut sei klar gewesen, dass die Familie dies dauerhaft allein und nur mit Hilfskräften nicht stemmen könne. Zumal mit knapp einjährigem Nachwuchs – und Vater Edgar befinde sich schließlich auch längst im Rentenalter.

Eine Kneipenkonzession liegt vor

Klar sei auch, dass bei einer von einst gut sieben auf inzwischen rund elf Hektar angewachsener Rebfläche der Weinbau die komplette und ganzjährige Zuwendung der Wengerter brauche. Was nicht heiße, dass die Eißeles dem eigenen Besen, der natürlich über eine komplette Kneipenkonzession verfügt, fortan fernblieben. Sobald es die Nachwuchsbetreuung zulasse, werde seine Frau natürlich wo gewünscht und benötigt im Besen mit präsent sein. Und er und sein Vater hätten womöglich tatsächlich deutlich mehr Möglichkeiten als zuvor, sich im weiterhin unter Weingutsausschank Eißele firmierenden hauseigenen Besen ab und zu einfach entspannt zu den Gästen zu setzen und mit ihnen über Wein und Welt zu reden.

Öffnungszeiten Der vom Stettener Burgstüble bewirtschaftete Weingutsausschank Eißele ist bis Sonntag, 26. Februar geöffnet – immer Donnerstag bis Sonntag von 11.30 bis 22.00 Uhr (25. Februar geschlossen). Dann wieder geöffnet: 9. März bis 2. April und 20. April bis 7. Mai.