"Markttransparenzstelle für Kraftstoffe" soll einen schnellen Vergleich der Benzinpreise ermöglichen und und den Wettbewerb ankurbeln. Aber kann die neue Transparenzstelle die Erwartungen wirklich erfüllen?

Bonn - Deutschlands Autofahrer können beim Tanken künftig leichter die Preise vergleichen. Das Bundeskartellamt startete dazu am Donnerstag die "Markttransparenzstelle für Kraftstoffe". Die Einrichtung erfasst die Preise für Super (E 5 und E 10) und Diesel von 13.100 deutschen Tankstellen.

Fast alle übrigen der bundesweit 14.500 Tankstellen sollen folgen. Der Preisvergleich schaffe für den Verbraucher "Waffengleichheit mit der Mineralölindustrie" und werde den Wettbewerb ankurbeln, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt in Bonn.

Bisher gebe es erhebliche Preisunterschiede in derselben Stadt und starke Preisschwankungen. Künftig werde der Autofahrer leichter zu der günstigen Tankstelle um die Ecke finden, auch wenn er sie nicht sehe. Erfahrungen mit einer ähnlich aufgebauten Preismeldestelle in Österreich stimmten ihn optimistisch, dass die Verbraucher davon profitieren würden. "Das stärkt den Wettbewerb. Wettbewerb und Preistransparenz führen in der Regel immer zu Kostenvorteilen für die Verbraucher", erklärte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).

Autofahrer können sich  über Internet, Smartphone-Apps und Navigationssysteme informieren

Die Informationen gelangen über das Internet, Smartphone-Apps und Navigationssysteme zu den Autofahrern. Das Bundeskartellamt gibt die Daten kostenlos weiter, zunächst an die vier Anbieter ADAC, clever-tanken.de, mehr-tanken.de und spritpreismonitor.de. Weitere acht Informationsdienste seien bereits zugelassen und würden in den nächsten Wochen folgen. Insgesamt hätten sich fast 100 Interessenten um die Verbreitung der Daten bemüht, sagte Mundt. Dabei dürfen die Dienste auch Geld für den Datenabruf verlangen.

Gemeldet werden sollen Benzinpreisveränderungen spätestens fünf Minuten nach dem Inkrafttreten, maximal eine weitere Minute braucht das Bundeskartellamt für die Durchleitung zu den Informationsportalen. Direkt nach der Freischaltung starteten einige Portale am Donnerstag mit technischen Problemen. "Kinderkrankheiten sind unvermeidbar. Es wird am Anfang kleine Fehlfunktionen geben", räumte Mundt ein.

Verbraucherschützer begrüßten die Einrichtung, sie erwarten aber keine spürbaren Preissenkungen. Der Vergleich sei eine Hilfe. Autofahrer sollten aber bedenken, dass sie bei der Fahrt zur preiswerteren Tankstelle wiederum Sprit verbrauchten und auch die Umwelt belasteten, sagte ein Sprecher der Verbraucherzentrale NRW.

Die Mineralölwirtschaft wies darauf hin, dass sie die Tankstellenpreise seit langem regelmäßig im Internet veröffentliche. Die Margen seien außerdem sehr gering: "Da wir an der Tankstelle durchschnittlich nur 1-2 Cent je verkauftem Liter Benzin verdienen, kann man den Spielraum für Preisveränderungen ermessen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes, Klaus Picard.

Hintergrund der Neuerung sind immer wiederkehrende Verbraucherproteste über stark schwankende Kraftstoffpreise - manchmal um zehn Cent oder mehr an einem einzigen Tag - die aus Sicht von Kritikern nicht durch die Rohstoffbeschaffung oder Erzeugung zu begründen sind. Das Bundeskartellamt spricht nach einer umfassenden Preisuntersuchung aus den Jahren 2007 bis Mitte 2010 zwar nicht von einem Kartell oder Preisabsprachen, aber von einem "marktbeherrschenden Oligopol" der fünf großen Mineralölkonzerne, die zusammen rund zwei Drittel des Marktes abdecken.

Im Schnitt am Freitag am teuersten und am Montag am günstigsten

Nach den Feststellungen in der Untersuchung beobachtet die Branche systematisch die Preise der Konkurrenz und reagiert sofort und meist von den Zentralen aus gesteuert mit flächendeckenden Anpassungen. Im Ergebnis verlange die Branche im Schnitt am Freitag die höchsten und am Montag am niedrigsten Preise. Die Untersuchung bestätige außerdem die von der Mineralölindustrie oft abgestrittene Vermutung, dass das Preisniveau zu Ferienbeginn steigt, so das Bundeskartellamt. Die Preisstelle soll dagegen nicht nur die Position der Verbraucher stärken, sondern der Aufsichtsbehörde auch die nötigen Daten für mögliche Eingriffe liefern.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn kritisierte die Initiative als unzureichend und sprach von einer "Placebo-Behörde". Die wirklichen Gewinne würden schon vor dem Verkauf an der Tankstelle in den Raffinerien abgeschöpft. Die Raffinerien gehörten aber vielfach auch den Tankstellenketten. "Hier entstehen die Preisaufschläge, die man oft zu Ferienbeginn sieht", betonte Höhn in einer schriftlichen Stellungnahme. "Und genau dort guckt die neue Behörde nicht hin." Das Bundeskartellamt arbeitet allerdings an einer Prüfung des Marktes auch auf der Raffinerieebene. Dies werde allerdings Jahre in Anspruch nehmen, sagte Mundt.