Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung liegt doppelt so hoch (7,6 Prozent) wie die von Menschen ohne Handicap Foto: dpa

Der Behindertenbeauftrage des Landes, Gerd Weimer, hat die Landesregierung aufgefordert, sich stärker für Menschen mit Behinderung zu engagieren.

Stuttgart - Der Behindertenbeauftrage des Landes, Gerd Weimer, hat die Landesregierung aufgefordert, sich stärker für Menschen mit Behinderung zu engagieren. Den Stuttgarter Nachrichten sagte Weimer: „Zwar gibt es einige positive Entwicklungen, wie ein neues Programm der Landesstiftung zur Förderung der Inklusion. Insgesamt könnte die Regierung aber mehr tun.“ Als Beispiel nannte er die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung in der Landesverwaltung. Diese betrage insgesamt 5,1 Prozent und liege damit knapp über den gesetzlich vorgeschriebenen fünf Prozent.

Die zwei Ministerien mit dem größten Personalkörper, das Kultusministerium (Beschäftigungsquote 4,9 Prozent) und das Wissenschaftsministerium (3,5 Prozent), lägen allerdings unter dieser Grenze. Auch das Verkehrsministerium (3,6 Prozent) komme nicht auf die vorgeschriebene Quote, kritisierte Weimer. Der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Klaus-Peter Murawski (Grüne), habe deshalb alle Ministerien angeschrieben und sie aufgefordert, ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden, sagte Weimer. Bundesweit liegt die Landesverwaltung bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung nur auf dem zwölften Platz. Spitzenreiter ist das Sozialministerium mit einer Quote von 12,5 Prozent.

Viele Betriebe kaufen sich frei

Große Sorge äußerte der Landesbehindertenbeauftragte mit Blick auf die Privatwirtschaft. Knapp 20 000 Betriebe in Baden-Württemberg seien aufgrund der Beschäftigtenzahl von mehr als 20 Personen verpflichtet, Menschen mit Behinderung einzustellen. Mehr als die Hälfte von ihnen kaufe sich jedoch frei. Im Ergebnis liege die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung doppelt so hoch (7,6 Prozent) wie die von Menschen ohne Handicap: „Die gute Wirtschaftslage der vergangenen Jahr geht an den Menschen mit Behinderung mehr oder weniger vorbei“, sagte Weimer. Er forderte eine Verdoppelung der Ausgleichsabgabe für Unternehmen, die ihrer Verpflichtung nicht nachkämen. Derzeit zahlten sie pro nicht-beschäftigten Schwerbehinderten im Schnitt 2100 Euro im Jahr.

Der Verbandsdirektor des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS), Roland Klinger, regte gegenüber den Stuttgarter Nachrichten an, abgestufte Tarifverträge für Menschen einzuführen, „die nicht 100 Prozent Leistung erbringen können“. Das würde es kleinen Handwerksbetrieben erleichtern, Menschen mit Behinderung einzustellen. Der Staat müsste dann auch weniger an Grundsicherung aufstocken: „Wir wollen Normalität, und zur Normalität gehört ein Tarifvertrag“, sagte Klinger. Der KVJS unterstützt die Vermittlung und Sicherung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung. Aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe vergibt er Lohnkostenzuschüsse an Unternehmen, die Schwerbehinderte beschäftigen.