Audi-Chef Rupert Stadler mit einem Prototypen des Audi e-tron. Foto: dpa

Erstmals könnten beim Premiumbauer Audi aus Ingolstadt die Absätze 2018 nicht mehr steigen. Die Mitarbeiter können sich aber erst mal über eine höhere Erfolgsbeteiligung freuen.

Ingolstadt - An der Staatsanwaltschaft hat es nicht gelegen, dass Audi diesmal zur Bilanzvorlage wenig Premiumwürdiges zu verkünden hatte. Anders als im Vorjahr gab es keine zeitgleiche Diesel-Razzia in der Konzernzentrale. Wenn Konzernchef Rupert Stadler und Kollegen 2017 aber unisono als „robust“ bezeichnen, dann ahnt man, dass es nicht zum Besten bestellt war.

Nach massiven Problemen mit Vertriebspartnern in China ist der Absatz der Audi-Tochter im Vorjahr nur minimal auf 1,88 Millionen verkaufte Autos global gestiegen. Dem Konzernumsatz ging es mit einem Plus von 1,4 Prozent auf gut 60 Milliarden Euro kaum besser. Der Gewinn hat vor allem deshalb zugelegt, weil 2016 noch mehr Rückstellungen für die Diesel-Affäre angefallen sind als 2017. Um 387 Millionen Euro habe sich die Risikovorsorge für die „Dieselthematik“ 2017 erhöht, umschrieb der neue Audi-Finanzchef Alexander Seitz den Abgasskandal und dessen Auswirkungen. Audi hat er damit insgesamt bislang zwei Milliarden Euro gekostet.

156 000 Software-Updates stehen für deutsche Dieselkunden noch aus

2018 werde es aber keine weiteren Sonderlasten dieser Art mehr geben, beruhigte Seitz. Wirklich vom Tisch sei das Problem aber noch nicht, warnte Stadler. Er hält weitere Diesel-Rückrufe des Kraftfahrtbundesamts für möglich. Zudem haben die Ermittlungen deutscher Staatsanwälte in der Sache nun ein Stadium erreicht, das Anklagen gegen einzelne Ex-Manager von Audi in greifbare Nähe rückt. Auch 156 000 Software-Updates für deutsche Diesel-Kunden stehen noch aus. Rechnet man alle Diesel-Rückstellungen ein, sind die operativen Audi-Gewinne 2017 um rund die Hälfte auf 4,7 Milliarden Euro gestiegen. Rein operativ ohne Diesel-Lasten sind sie um 200 Millionen Euro gewachsen. Auf derart bereinigter Basis reklamiert Audi 2017 eine Umsatzrendite von 8,4 Prozent für sich. Daimler und BMW waren da besser.

Rechnet man das überaus lukrative China-Geschäft dazu, das Audi traditionell im Finanzergebnis ausweist, liegt die Audi-Rendite bei 9,4 Prozent. Das ist dann nicht mehr so weit hinter dem im Premiumbereich renditemäßig führenden Stuttgarter Rivalen Mercedes-Benz mit 9,7 Prozent. Das ist durchaus bemerkenswert angesichts des Audi-Spagats zwischen Diesel-Affäre und konzernweiter Elektrifizierung.

Vollelektrische Serienmodel Audi e-tron kommt im Sommer

„Altes durchbrechen und uns Neuem stellen“, erklärte Stadler entsprechend zur Devise. Gut 20 Markteinführungen plane Audi 2018, ein Rekordwert. Teil dieser Modelloffensive ist auch das erste vollelektrische Serienmodell Audi e-tron aus Brüsseler Fertigung, das die VW-Tochter fünf Jahre nach dem Elektro-BMWi3 der Münchner Premiumkonkurrenz nun diesen Sommer auf den Markt bringt. 80 000 Euro solle der Elektro-Geländewagen mit einer Batterieladezeit von nur 30 Minuten kosten. Ab 2020 werde dann auch im Werk Neckarsulm mit dem Audi e-tron GT in Deutschland ein vollelektrischer Audi gebaut, sagte Stadler.

Anderseits führen die vielen Modellanläufe 2018 dazu, dass die Ingolstädter dieses Jahr erstmals seit acht Jahren Dauerwachstum nur noch mit stagnierendem Absatz planen. Verschärft würde die Situation bei den Auslieferungen noch durch die diesjährige Umstellung auf den neuen Abgasprüfzyklus mit dem Kürzel WLTP, warnte Stadler. Die Umsätze könnten 2018 leicht zulegen. Die Umsatzrendite soll im Korridor zwischen acht und zehn Prozent bleiben. Die Früchte des Modellfeuerwerks werde man dann ab 2019 auch durch Kosteneinsparungen von zehn Milliarden Euro verstärkt ernten, verspricht der Audi-Chef.

Schon heute wird jeder dritte Audi in China verkauft

Die VW-Tochter baut dabei vor allem auch auf China, wo heute schon jeder dritte Audi verkauft wird. Branchenuntypisch aufwärts gegangen ist es für die Ingolstädter voriges Jahr mit acht Prozent Absatzplus auf 230 000 Verkäufe in den USA. Das wirft mit Blick auf US-Präsident Donald Trump Fragen auf. Denn anders als Mercedes oder BMW hat Audi in den USA kein eigenes Werk. Aus der EU, der Trump mit Strafzöllen droht, hat Audi 170 000 der 230 000 in den USA verkauften Autos dorthin exportiert. „Wir beobachten. Handelsbarrieren dienen keiner Volkswirtschaft“, meinte Stadler zu diesem Drohpotential sehr wortkarg.

Zuversichtlich ist er, die ab 2021 strengeren EU-Abgasgrenzwerte nicht zu reißen und für Audi Strafzahlungen vermeiden zu können. Das ist mit Blick auf die aktuelle Audi-Absatzstruktur mit europaweit 52 Prozent Diesel-Anteil kein Selbstläufer. „Kein Premiumwettbewerber hat einen höheren SUV-Anteil“, schwärmte Stadler über den Fakt, dass jeder dritte verkaufte Audi heute ein spritschluckender Geländewagen ist. „Bis 2025 ist jeder zweite ausgelieferte Audi ein Q-Modell“, kündigte er an. Weil auch die Geländewagenreihe zunehmend elektrifiziert wird, soll sich das aber im durchschnittlichen Schadstoffausstoß der Audi-Flotte nicht zu negativ bemerkbar machen. Die Zukunft ist für Audi fraglos anspruchsvoll.

Zunehmend vernetzte Autos erlauben allerlei digitale Serviceangebote, die bei Audi 2025 für einen operativen Gewinnbeitrag von einer Milliarde Euro sorgen sollen. Im Zuge dessen wollen die Ingolstädter demnächst auch mit ihrer Version von Carsharing unter dem Begriff Audi on demand angreifen. Bis 2020 soll das Angebot in 20 Märkten stehen und bis 2025 eine Million Mobilitätskunden umfassen. Schon längst aktiv in diesem Bereich sind allerdings Daimler mit Car2Go und BMW mit Drive Now, die dem Vernehmen nach beim Carsharing vor einer Fusion stehen.

Erfolgsbeteiligung für Mitarbeiter steigt auf 4770 Euro

Nach oben geht es bei Audi ungebrochen für das Personal. Zum einen wurden 2017 konzernweit knapp 3000 auf nun über 91 000 Stellen aufgebaut. Das Gros ist an den beiden heimischen Standorten Ingolstadt mit gut 44 000 Mitarbeitern und Neckarsulm mit fast 17 000 Beschäftigten tätig. Zugleich steigt die Erfolgsbeteiligung für einen Facharbeiter bei Audi für 2017 im Schnitt auf 4770 Euro. 2016 waren es inklusive aller Komponenten 3150 Euro. Durchschnittlich 5700 Euro zahlt im Vergleich Daimler. Über 8000 Euro sind es dem Vernehmen nach bei BMW.