Archäologen arbeiten auf dem Grabungsfeld einer Kirche bei Memleben an Bestattungen. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Das Gebiet um das mittelalterliche Kloster Memleben in Sachsen-Anhalt gibt seine Geheimnisse nur schrittweise frei. Nun wurde eine bisher unbekannte Siedlung mit bemerkenswerten Steinbauten untersucht.

Archäologen haben bei Memleben (Burgenlandkreis) eine befestigte Siedlung mit Kirche und einem Wohnbau entdeckt. „Das dichtbesiedelte Areal war von einem etwa 240 mal 170 Meter großen, rechteckigen Wall-Grabenwerk umgeben“, sagt Projektleiter Felix Biermann vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, am Dienstag (30. April). „Die Tore im Norden und Westen waren wahrscheinlich mit Steinbauten bewehrt.“ Im Westen der Wehranlage fanden sich Relikte zweier stattlicher Steinbauten.

Blick auf das Grabungsfeld einer früheren Kirche bei Memleben. Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Unweit des Klosters haben sie eine befestigte Siedlung mit Kirche und einem Wohnbau entdeckt. Im Mittelalter gab es hier eine 16 Meter lange, einschiffige Kirche mit einer halbrunden Apsis und einem unterkellerten Anbau im Westen, der einen Treppenzugang besaß. Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Unweit des Klosters haben sie eine befestigte Siedlung mit Kirche und einem Wohnbau entdeckt. Im Mittelalter gab es hier eine 16 Meter lange, einschiffige Kirche mit einer halbrunden Apsis und einem unterkellerten Anbau im Westen, der einen Treppenzugang besaß. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Friedhof mit Kopfnischengräbern und steinernen Sarkophagen

Im Mittelalter gab es hier eine 16 Meter lange, einschiffige Kirche mit einer halbrunden Apsis im Osten und einem unterkellerten Anbau im Westen, der einen Treppenzugang besaß. Die Kirche ersetzte einen älteren, kleineren Sakralbau von lediglich gut acht Metern Länge. Dazu gehörte ein dicht belegter Friedhof. Freigelegt wurden Kopfnischengräber und Sarkophage aus Stein, die aus dem 10. bis 12. Jahrhundert stammen.

Im rechten Winkel zur Kirche stand ein steinerner Wohnbau von mindestens 17 mal 6,5 Meter Fläche. Die sehr starken Mauern erfuhren im Laufe der Zeit mehrfache Um- und Anbauten. „Im späten Mittelalter arbeiteten in den Ruinen Metallhandwerker, die etliche Öfen hinterließen“, erklärt Biermann. Zudem wurde die Besiedlung im Umfeld der Steinbauten durch ein Grubenhaus und diverse Wirtschaftsgruben belegt.

Ein Archäologe arbeitet auf dem Grabungsfeld einer früheren Kirche bei Memleben an einem freigelegten Ofen, in dem eine Kinderbestattung liegt. Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Ein Grabungsmitarbeiter zeigt auf dem Grabungsfeld einer Kirche bei Memleben slawische wellenverzierte Keramik. Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Ein gotischer Schlüssel. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Reiche Funde aus slawischer und ottonischer Zeit

Die Archäologen stießen auch auf „reichhaltiges Fundmaterial“, das auf eine Besiedlung des Ortes zwischen dem 9./10. und 14. Jahrhundert hinweist. Zu den bedeutendsten Fundstücken gehörten slawische Keramik, eine Kreuzemail-Scheibenfibel der Ottonen-Zeit, hoch- und spätmittelalterliche Kugeltöpfe, bronzene Messerscheiden-Beschläge, Projektile von Armbrustbolzen, mittelalterliche Silbermünzen, ein gotischer Schlüssel sowie ein spätmittelalterliches Pilgerzeichen mit der Darstellung eines gekrönten Herrschers.

Memleben war im 10. Jahrhundert eine der wichtigsten Pfalzen (Wohn-Stützpunkte) des damaligen Reisekönigtums Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Blick auf die Anlage des Museums Kloster und Kaiserpfalz Memleben. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Memleben ist heute eine der bedeutendsten historischen Stätten Sachsen-Anhalts. Unter dem ostfränkischen König Heinrich I. (876-936) und seinem Sohn und Nachfolger, dem römisch-deutschen Kaiser Otto dem Großen (912-973), war Memleben eine der wichtigsten Pfalzen (Wohn-Stützpunkte) des damaligen Reisekönigtums.

Für beide Ottonen-Herrscher, die übrigens die ersten Sachsen auf dem ostfränkischen Königsthron waren, war die Pfalz Memleben auch Sterbeort. Das Herz und andere Organe Ottos des Großen wurden in der Memlebener Marienkirche bestattet, der Leichnam im Magdeburger Dom. Sein Sohn und Nachfolger Otto II. gründete 979 zur Erinnerung an seinen Vater in Memleben ein Reichskloster, dessen Überreste bis heute erhalten sind.