Richter Martin Luippold kümmert sich um die Schöffen. Foto: Gottfried Stoppel

Martin Luippold ist Leiter des Bezirksjugendschöffengerichts in Waiblingen. „Schöffen sollen einen Querschnitt der Bevölkerung darstellen“, sagt der Richter. Das ist aber schwer zu realisieren.

Martin Luippold leitet seit zwölf Jahren das Bezirksjugendschöffengericht in Waiblingen. Der stellvertretende Direktor am dortigen Amtsgericht ist auch Leiter des Schöffenwahlausschusses. Im Gespräch erklärt er, wie das Verfahren abläuft und warum das Ehrenamt so wichtig ist.

Herr Luippold, wer darf überhaupt Schöffe werden?

Schöffen müssen deutsche Staatsbürger sein und mindestens 25 oder höchstens 69 Jahre alt beim Amtsantritt sein. Der Wohnort muss im Bezirk des Amtsgerichtes liegen. Außerdem dürfen keine gesundheitlichen Gründe dagegensprechen. So ein Verhandlungstag kann acht oder neun Stunden dauern. Und das muss man durchhalten können.

Welche Ausschlusskriterien für Schöffen gibt es denn?

Wem infolge eines Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter entzogen wurde, darf kein Schöffe werden. Wer zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde, kann ebenfalls nicht berücksichtigt werden.

Müssen Schöffen juristische Vorkenntnisse haben?

Nein, die Laienrichter sollen ihre Lebens- und Berufserfahrung bei Gericht einbringen. Die Idee dahinter ist, dass die Beteiligung des Volkes an der Rechtsfindung das Vertrauen der Bürger in die Justiz stärken und die Akzeptanz der Urteile erhöhen soll.

Besteht die Gefahr, dass Extremisten ins Schöffenamt drängen?

Jeder Schöffe wird zu Beginn seiner Tätigkeit vereidigt. Er schwört, dass er das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Baden-Württemberg achtet und bekennt sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ansonsten kenne ich die politische Ausrichtung der gewählten Schöffen nicht. Ich weiß aber auch, dass es rechte Gruppierungen und Parteien gab, deren Bestreben es war, ihre Leute ins Schöffenamt zu bringen.

Nach welchen Kriterien werden die Bewerber ausgesucht?

Die Schöffen sollen einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Das ist aber schwer zu realisieren. Auf unseren Listen stehen hauptsächlich Akademiker, die älter als 50 sind. Handwerkliche Berufe haben wir ganz selten. Dafür viele Lehrer, Sozialpädagogen und Beamte.

Wie werden denn die Schöffen eigentlich vorbereitet?

Ich selbst mache eine Einführung, aber sonst läuft bei uns am Amtsgericht das meiste nach dem Prinzip: Learning by doing. Die Abläufe bei Gericht sind ja stark formalisiert. Die Schöffen dürfen natürlich Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige stellen. Und am Ende nehmen sie auch an der Beratung und Abstimmung des Richterspruchs teil.

An wie vielen Sitzungen pro Monat müssen die Schöffen denn teilnehmen?

Meist wird man pro Monat einem Prozess zugeteilt. Der Schöffe wird einer Verhandlung zugelost und muss auch an den Folgetagen dabei sein.

Worauf müssen Schöffen besonders achten?

Sie dürfen niemals den Eindruck erwecken, dass sie voreingenommen sind. Stellt ein Schöffe während der Verhandlung suggestive oder gar inquisitorische Fragen oder macht vorverurteilende Aussagen, kann er als befangen abgelehnt werden.

Bekommt der Schöffe für sein Ehrenamt auch Geld?

Ja, es gibt zwar keine Vergütung, aber eine Entschädigung für den Zeitaufwand, den Verdienstausfall und die Fahrtkosten.

Wahl zum Jugendschöffen

Amtszeit
Die fünfjährige Amtszeit der aktuellen Jugendschöffen endet zum 31. Dezember dieses Jahres. Deshalb werden derzeit Nachfolger für den Zeitraum von 2024 bis Ende 2028 gesucht.

Bewerbungen
Personen, die Interesse an dieser ehrenamtlichen Aufgabe haben, können sich unter der folgenden Telefonnummer direkt an das Kreisjugendamt in Waiblingen wenden: 0 71 51 / 501-14 33. Die Bewerbungsfrist endet am Donnerstag, 4. Mai 2023.