Um das Gelände sind Schutzzäune für Eidechsen gezogen werden. Foto: avanti//Ralf Poller

Aldi möchte in Steinheim eine neue Filiale eröffnen. Doch es hat lange gebraucht, um eine Lösung für die Tiere auf dem Gelände zu finden – die ganz besonders sind.

Mehr als zwei Jahre ist es mittlerweile her, dass Aldi seine Pläne für die Steinheimer Bahnhofstraße präsentiert hat. Der Discounter kündigte damals an, auf Tuchfühlung zu Norma eine Filiale samt Kindergarten obendrauf hochziehen zu wollen. Immer mehr Bürger fragen sich allerdings mittlerweile, was aus diesen Plänen geworden ist. Denn bis heute steht auf dem Gelände kein Supermarkt – was insbesondere auf einen Umstand zurückzuführen ist: Auf dem Areal tummeln sich viele Eidechsen, wie Andreas Tiefau vom Büro KMB am Dienstagabend im Gemeinderat erklärte. Und wie mit den kleinen Vierbeinern zu verfahren ist, darüber sei hinter den Kulissen lange gerungen worden.

Eine italienisch-deutsche Mischung

Der für den Bebauungsplan zuständige Fachmann sagte, dass es sich nicht um irgendwelche x-beliebigen Krabbeltiere handele, sondern um einen „Spezialfall“, wie er es nannte: deutsch-italienische Hybrid-Mauereidechsen. Die erste Idee war, die streng geschützten Reptilien Richtung Norden zur Bahntrasse zu vertreiben und dort Ersatzlebensräume anzulegen. Doch besagte Trasse müsse freigehalten werden, berichtete Tiefau. Plan B war, die kleinen Schnecken-, Insekten- und Spinnenjäger zum Aldi-Zentrallager nach Murr zu verfrachten. Allerdings hätten hier nicht alle benötigten Flächen tatsächlich in Anspruch genommen werden können.

Zwei Ersatzgebiete auf dem Aldi-Areal

Die Lösung, die letztlich nach eineinhalb Jahren Verhandlung mit den Behörden erzielt wurde, sieht nun so aus, dass auf dem neuen Aldi-Gelände in Steinheim selbst zwei Rückzugsgebiete für die Mauereidechsen angelegt werden. Hier dürften die meisten Tiere heimisch werden, prognostizierte Tiefau. Die übrigen Eidechsen würden auf die angrenzenden Flächen abwandern.

Eine Art Freiraumterrarium

Die 87 und 162 Quadratmeter messenden Ersatzhabitate könnten durchaus eine Attraktion für sich werden, wie der Ausblick auf den größer dimensionierten der beiden künftigen Lebensräume der Tiere nahelegte, der laut dem Planer bereits Gestalt annehme. „Das ist ein Schütthaufen mit Steinen, Totholz und Sandlinsen, wo die Eidechsen sich eingraben und verstecken können“, erläuterte Tiefau. „Das ist wie ein Freiraumterrarium, weil die ganze Fläche mit einer circa ein Meter hohen Mauer eingegrenzt wird“, fügte er hinzu. Die Mauer soll zudem einen Kletterschutz erhalten, damit die Tiere nicht hochkraxeln und sich gen Parkplatz aufmachen können – und dort womöglich von einem Auto überrollt werden. In die andere Richtung sei das Gelände aber natürlich offen, damit die Echsen sich weiter frei bewegen können.

Für eigene Filiale drohte zu viel Konkurrenz

Unabhängig von solchen artenschutzrechtlichen Notwendigkeiten wird der Aldi-Markt etwas weniger Verkaufsfläche anbieten als ursprünglich angedacht. Das Sortiment wird auf 1000 Quadratmeter verteilt, womit um 200 Quadratmeter abgespeckt wurde. Das ist nicht zuletzt auf den Umstand zurückzuführen, dass ein größer dimensionierter Markt unter Umständen sogar von der eigenen Filiale des Discounters in Murr Kaufkraft abziehen würde, erläuterte Tiefau. Beim gegenüberliegenden Norma-Markt in Steinheim würden laut einer Analyse indes mutmaßlich ohnehin bald die Lichter ausgehen, sagte er. „Der ist wohl nicht mehr konkurrenzfähig“, erklärte der Fachmann.

Kita mit vier Gruppen geplant

Sehr wohl zukunftsfähig ist hingegen die Kita, die im Obergeschoss des neuen Aldi-Gebäudes angesiedelt werden soll. „Wir brauchen die Plätze“, sagt der Erste Beigeordnete Stephan Retter auf Nachfrage. Voraussichtlich sollen in dem Kindergarten vier Gruppen angesiedelt werden, in denen sich die Erzieherinnen um unter und über Dreijährige kümmern könnten.

Zunächst muss aber ein Knopf an den Bebauungsplan gemacht werden. Das soll nach der öffentlichen Auslegung noch in diesem Jahr geschehen, nachdem der Entwurf nun einstimmig abgesegnet wurde. Aldi wolle auch so schnell wie möglich die Bagger anrollen lassen, sagt Stephan Retter. „Die sind schon fleißig am Planen“, berichtet der Erste Beigeordnete.