Bei der „Arche“ bekommen die Kinder nicht nur etwas zu essen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Oktober hat die aus Berlin bekannte „Arche“ in Stuttgart einen Schülertreff übernommen. Hierher kommen vor allem Kinder, die von Armut betroffen sind, die Schwierigkeiten in der Schule oder emotionale Nöte haben.

Pünktlich um 12.30 Uhr zieht Leben in die „Arche“ ein. Da stürmen schon Mirjam, Joris, Viktor und Julia (alle Kindernamen geändert) durch die Tür, stellen ihre Ranzen ab und stellen sich im Erdgeschoss vor der Essensausgabe an. „Ich habe keinen Hunger“, verkündet Joris laut. Er besteht darauf, nur „ein Spätzle“ – ohne Linsen – aufgetan zu bekommen. Viktor hingegen lässt sich eine umso größere Portion geben und balanciert den Teller grinsend zum Tisch.

Mirjam führt still den Löffel zum Mund. Die Zehnjährige kommt schon seit der zweiten Klasse jeden Nachmittag nach der Schule in dieses Haus in Stuttgart-Mitte, das lange ein von Ordensschwestern geführter Schülertreff war und seit Oktober zur „Arche“ geworden ist. Das christliche Kinder- und Jugendwerk aus Berlin, das die Lebensbedingungen benachteiligter Familien verbessern will, hat die Einrichtung in der Danneckerstraße übernommen. Unter der Woche kommen jeden Tag um die 20 Kinder, vor allem Sechs- bis Zwölfjährige.

Sie könnten auch in die Nachmittagsbetreuung ihrer Schule gehen. Aber aus unterschiedlichen Gründen sind sie lieber hier. Hussein zum Beispiel, der eben laut singend hereingekommen ist, findet es in der Arche „cooler“. Der Achtjährige, der zwei Jahre älter aussieht, ist aber auch wegen der Hausaufgaben hier. Als er noch im Schülerhaus war, habe ihm niemand geholfen. Seine Zusammenfassung: „Schülerhaus ist scheiße.“ Hier wird gleich ein Ehrenamtlicher an seiner Seite sein und ihn unterstützen. „Deutsch, Deutsch, Deutsch, Deutsch und Mathe“, also fünf Aufgaben, stehen laut Hussein an.

„Weil ich hier spielen kann, weil ich hier lernen kann, weil meine Mutter es will“

Mirjam nennt drei Gründe, warum sie da ist: „Weil ich hier spielen kann, weil ich hier lernen kann, weil meine Mutter es will“, sagt die Zehnjährige. Julia wiederum, die am Nachbartisch sitzt, sagt, sie sei von ihrem Vater angemeldet worden. Sie findet das gut: „Als ich noch in der Grundschulförderklasse war, habe ich im Schülerhaus niemanden zum Spielen gefunden“, erklärt die Achtjährige, die fünf Geschwister hat.

Noch ist die Arche Stuttgart im Aufbau. Die Einrichtung steht Kindern aus dem gesamten Stadtgebiet offen und hätte noch für mehr Kinder Kapazität. Die meisten der bisher Erreichten kommen aus dem Bezirk Mitte, ein Förderschüler fahre aber sogar aus Bad Cannstatt mit der Stadtbahn an. „Die Armut ist spürbar“, sagt Samuel Kalmbach, der Einrichtungsleiter. Erst vor wenigen Tagen habe ein Kind vor ihm gestanden, das eine zu kleine Winterjacke trug, die Ärmel waren viel zu kurz. Da konnte er aushelfen, sie können auf Kleiderspenden zurückgreifen.

Neben materieller Armut beobachtet sein Team aber auch „emotionale Armut“ und „Bildungsarmut“. Die Jungen und Mädchen brächten nicht nur ihre Schulsachen mit, sondern auch jede Menge Eindrücke und Erlebnisse, die sie verarbeiten müssten, so Kalmbach. Die Arche biete ihnen „weitaus mehr als Hausaufgabenhilfe“ und ein warmes Mittagessen. Sie versuchten, ein Gefühl von Familie zu vermitteln. Sie nähmen (so die Eltern es wünschten und einwilligten) auch wichtige Termine mit den Kindern war, gingen mit ihnen zum Beispiel zum Arzt.

Die Einrichtung will ein Gefühl von Familie vermitteln

Auf drei Stockwerken verteilt sich die Einrichtung. Es gibt genug Platz, um zu essen, zu spielen, zu lernen. Während sie ihre Hausaufgaben machen, unterstützt von Ehren- und Hauptamtlichen, sitzen die Kinder an Einzeltischen. In einem Kreativraum können sie basteln. Im Untergeschoss steht eine Tischtennisplatte. Auch ein Toberaum findet sich dort. Was für diesen noch fehlt, ist das nötige Equipment. So soll er unter anderem mit Matten ausgekleidet werden und eine andere Beleuchtung bekommen. Auch Spielgeräte, die die Balance fördern, sollen angeschafft werden.

Vor allem für die „verhaltenskreativen Kinder“ sei es wichtig, einen Raum zu haben, in dem sie sich austoben könnten, erklärt die Mitarbeiterin Eva Schreiber. Gerade erst hat sie den aufgedrehten Hussein gebeten, vor den Hausaufgaben nach draußen zu gehen und Seil zu springen, um „Energie loszuwerden“. Aber Hussein war es zu kalt. „Manche Kinder sind total lieb, aber man merkt ihre emotionale Not“, sagt Schreiber. Die Arche Stuttgart bittet für den kostenlosen warmen Mittagstisch und für die Ausstattung des Toberaums um Spenden bei der Aktion Weihnachten. Die Benefizaktion will helfen.

So können Sie helfen

Konten
Die Aktion Weihnachten freut sich über jede Spende. Wenn Ihr Name als Spender veröffentlicht werden darf, vermerken Sie das bitte unbedingt bei der Überweisung. Die Konten lauten: Baden-Württembergische Bank, IBAN DE04 6005 0101 0002 3423 40, oder Schwäbische Bank, IBAN DE85 6002 0100 0000 0063 00. Sachspenden können wir aus logistischen Gründen leider nicht annehmen. Sie möchten mehr über die Benefizaktion erfahren? Hier finden Sie alle Artikel zur laufenden Aktion.