Die roten Ballons markieren die Fläche, die das neue Haus einnehmen wird. Es sind etwa 500 Quadratmeter. Foto: Horst Rudel

Eine Bürgerinitiative aus Anwohnern der Lindenspürstraße wehrt sich gegen die Bebauung ihres Innenhofes. Allerdings ist der Bau bereits genehmigt.

S-West - Wohnen im Grünen wollen viele: Die Eigentümer der rund 200 Wohneinheiten rund um den Innenhof an der Lindenspürstraße 29b, wie auch die Käufer der Wohnungen des Mehrfamilienhauses, das hier entstehen soll. Dagegen protestieren die Anwohner und haben sich zur Bürgerinitiative „Schutzzone 29 b“ zusammengeschlossen. Am Montag hat sie zu einem Ortstermin eingeladen, zu dem auch einige Stadträte erschienen sind. Dem Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle übergaben die Anwohner 500 Unterschriften. Die Unterzeichnenden sprechen sich für den Erhalt der Grünfläche aus.

Die Naturschutzbehörde sei nie beauftragt worden, die Bedeutung der Grünfläche für das Stadtklima zu überprüfen. Tatsächlich werde im Bezirk heute jeder Baum benötigt, betonte Jens Woggon, der die Argumente der Bürgerinitiative vortrug. Auch aus Gründen des Artenschutzes sei die Bebauung des Grundstücks unverantwortlich. Der alte Baumbestand sei Lebensraum unter anderem für Fledermäuse und andere Tierarten, die in Höhlen brüten. Außerdem werde der grüne Innenhof dringend als Spielfläche für die Kinder benötigt. Alleine im unmittelbar betroffenen Gebäude Lindenspürstraße 29b wohnen sechs Kinder und der Deckungsgrad an Spielplätzen betrage im Westen gerade 17 Prozent, gefordert seien aber 50 Prozent. Die Bürgerinitiative appellierte an die anwesenden Stadträte zuverhindern, dass hier zugunsten eines Vierfamilienhauses die Lebensqualität von 200 Wohneinheiten beeinträchtigt werde.

Es wurde Recht gesprochen

Nach der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik (Uta) scheint dies jedoch ausgeschlossen. Baubürgermeister Matthias Hahn wies daraufhin hin, dass Recht gesprochen wurde und die vier Wohnungen, die entstehen sollen, bereits alle verkauft sind. „Ich sehe keine Möglichkeit, hier noch etwas zu ändern“, sagte Hahn. Zumal am 5. Januar der Investor die endgültige Baugenehmigung erhalten habe und das Fällen der Bäume, die unter die Baumschutzsatzung fallen, genehmigt worden sei. „Der Investor muss vier Ersatzbäume pflanzen“, so Hahn.

Auch die Tatsache, dass beim Beschluss eines Bauverbots 1973 durch den Gemeinderat ein Formfehler begangen worden sei, weil der Beschluss nichtöffentlich gefasst wurde, wies Hahn von sich. „Der zugrundeliegende Bebauungsplan von 1956 hat eine Bebauung des Innenhofes nie ausgeschlossen, sondern sah nur vor, dass die Abstandsflächen zu den bestehenden Häusern nicht bebaut werden dürfen.“

Dennoch zitiert Jens Woggon in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung aus dem Rahmenplan Halbhöhenlage. Darin heißt es, dass auch nichtöffentlich beschlossene Bebauungspläne nicht völlig unbeachtet bleiben sollten, weil sie einen Planungswillen der Gemeinde verkörpern.

Positive Nachverdichtung: Das Rossbollengässle

Möhrle versprach, im anstehenden Rahmenplanverfahren für den Westen die Diskussion über den Schutz von Innenhöfen aufzunehmen. „Ich bin nicht grundsätzlich gegen eine Bebauung. Es gibt auch positive Beispiele, wie das Rossbollengässle zeigt,“ sagte der Bezirksvorsteher und wies auch darauf hin, dass der Ausschuss für Technik und Umwelt bereits vor einem Jahr grünes Licht für die Bebauung gab. „Offenbar hat niemand dagegen geklagt.“

Ina Ludwig von der Bürgerinitiative rechtfertigte das Versäumnis damit, dass mehrere Anwohner bereits im Mai 2011 etwa 120 Unterschriften im Vorzimmer des Baubürgermeisters abgegeben und bei der Stadt Beschwerde eingereicht haben, sie aber nicht wussten, dass sie sofort juristische Schritte hätten ergreifen müssen. „Zuerst ist es auch nur um Stellplätze gegangen“, berichtet sie, und Familie Woggon erzählt, dass sie bei ihrem Einzug im vergangenen Sommer die Information erhalten habe, dass im Innenhof ein kleines Haus gebaut werden solle. Die tatsächlichen Maße des Hauses hatten die Anwohner am Montag mit Luftballons markiert. 1998 hatte es in der Augusten-/Hermannstraße einen ähnlichen Fall gegeben. Hier blieb die Grünfläche erhalten, die Stadt musste jedoch 350 000 Euro zahlen. Damals hatte es jedoch noch keine Baugenehmigung gegeben. Im aktuellen Fall hingegen besteht Baurecht, weshalb Hahn in der gestrigen Sitzung die Debatte mit deutlichen Worten beendete: „Wir können den Fall für erledigt erklären.“

Anwohner wollen weiter gegen den Bau vorgehen

Die Anwohner sehen das anders. Sie überlegen, wie sie weiter vorgehen können. Den Stadträten hingegen ist es wichtig, aus diesem Fall für die Zukunft zu lernen. Der Rahmenplan, der für den Westen erarbeitet wird, soll dabei helfen. Außerdem forderten die Grünen Hahn auf, Gespräche mit der Eigentümerin zu führen, der in dem Innenhof ebenfalls ein Baugrundstück besitzt. „Sie zeigt derzeit keine Bauabsichten“, so Hahn. Diese Aussage allein reicht den Grünen aber nicht .