Der Europawahl-Kandidat Petr Bystron soll sich der Parteispitze erklären. Foto: dpa/Carsten Koall

Lange lief es ruhig in der AfD. Doch nun hat die Partei gleich mit mehreren Problemen zu kämpfen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ein Abgeordneter verlässt die Partei wegen des Gefühls eines „puren Ekels“, gegen einen Europa-Kandidaten liegen schwere Vorwürfe vor, der Thüringer-Fraktionschef wird wieder angeklagt: Gleich mehrere Probleme machen der AfD derzeit zu schaffen. Ein Überblick.

Worum geht es?

Im Wesentlichen sind es zwei Probleme, die die momentan AfD belasten: die Russlandaffäre um den Europawahl-Kandidaten Petr Bystron und der Austritt des baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz, der in seiner Erklärung schwere Vorwürfe gegen die Partei erhebt. Vor diesem Hintergrund geht fast unter, dass der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke sich nun wegen einer weiteren Anklage vor Gericht verantworten muss. Es ist zwar eine von mehreren, aber dennoch besonders interessant, weil Björn Höcke in der kommenden Woche in einem TV-Duell gegen den CDU-Landeschef Mario Voigt antreten will.

Was ist über die Russlandaffäre bislang schon bekannt?

Im Zentrum der Affäre steht der bayerische Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, der auf dem zweiten Platz der Europawahl-Liste der AfD steht. Es geht um seine Kontakte zur tschechischen Medienplattform „Voice of Europe“, die ihn noch im Februar interviewte. In der vergangenen Woche deckte der tschechische Geheimdienst BSI nun auf, dass es sich bei „Voice of Europe“ um ein russisch organisiertes Netzwerk handelt. Es soll versucht haben, die Europawahlen zu beeinflussen und in dieser Absicht auch Geld an Kandidaten gezahlt haben. Laut Recherchen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ und der tschechischen Tageszeitung „Deník N“ soll Bystron Geld von dem Netzwerk erhalten haben. Wie durch einen weiteren Bericht von „Deník N“ bekannt wurde, sollen dem tschechischen Geheimdienst ferner Audioaufnahmen vorliegen, die genau das belegen. Der Deutschen Presse-Agentur sagte Bystron, es handele sich „um unbewiesene Anschuldigungen und Behauptungen“.

Wie reagiert die AfD?

Die Parteispitze forderte Petr Bystron auf, bis Donnerstagnachmittag eine Stellungnahme dazu abzugeben. Das hat er allem Anschein nach auch getan. Darin streitet Bystron Medienberichten zufolge die Vorwürfe ab. Für die kommende Woche ist ein Gespräch zwischen ihm, den Parteivorsitzenden und ihren Stellvertretern geplant. Der AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah wandte sich öffentlich mit einem Ratschlag an Bystron: „Petr Bystron sollte bis zur Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe keine Wahlkampfauftritte absolvieren“, sagte Krah der „Welt“. Das ist insofern bemerkenswert, weil Krah wie Bystron für seine russlandfreundlichen Positionen bekannt ist und sich ebenfalls von „Voice of Europe“ interviewen ließ. „Geld habe ich dafür selbstverständlich keines bekommen“, sagte Krah dem „Spiegel“.

Warum hat der Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz die Partei verlassen?

Seitz trat in derselben Woche aus, in der die Vorwürfe gegen den EU-Kandidaten Bystron bekannt wurden. Sein Rücktritt hat einen komplett anderen Hintergrund. Es liege nicht an einem Rechtsruck in der AfD, wie Seitz in seiner Erklärung betonte. Er begründete seine Entscheidung vielmehr mit dem chaotischen Parteitag des baden-württembergischen Landesverbands in Rottweil Ende Februar. Seitz bezeichnete die dort abgehaltenen Vorstandswahlen als „beispiellose Schmierenkomödie“. Er warf seiner Partei „Günstlingswirtschaft“ vor – und dass sie den Spendenskandal um die Co-Vorsitzende und Co-Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, nie aufgearbeitet habe. Sein Mandat will Seitz trotz Kritik der baden-württembergischen Landesvorsitzenden behalten.

Was bedeutet das für Weidel?

Das Chaos auf dem baden-württembergischen Parteitag ist eng mit der AfD-Bundessprecherin verknüpft. Es sind die von Weidel unterstützten Kandidaten Markus Frohnmaier und Emil Sänze, die als Landesvorsitzende bestätigt wurden – und deren Wahl nun angefochten wird. Auch wenn die beiden sich vorerst durchsetzen konnten: Die Umstände und die Kritik an der Wahl lassen darauf schließen, dass Weidels Macht schwindet. Das unterstreicht auch Seitz‘ Austrittserklärung.

Worum geht es bei der Anklage gegen Björn Höcke?

In dieser Woche teilte die Staatsanwaltschaft Halle mit, dass sie eine weitere Anklage gegen den Thüringer AfD-Fraktionschef erhebt. Höcke wird verdächtigt, im Dezember 2023 erneut die verbotene SA-Losung „Alles für Deutschland“ bei einer Parteiveranstaltung verwendet zu haben. Wegen dieser Losung läuft schon ein Verfahren gegen ihn. Beide Verfahren sollen zusammengelegt werden.