Schwangerer Teenager: Viele entscheiden sich für eine Abtreibung Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - Minderjährige, die schwanger werden, treiben in Baden-Württemberg ihr Kind häufiger ab als in Ostdeutschland. Laut Experten liegt das an den verschiedenen Perspektiven.

Stuttgart - Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen lag in Baden-Württemberg im ersten Quartal bei 98 – das sind zehn mehr als im ersten Quartal des vergangenen Jahres. Damit ist zumindest kurzzeitig der Trend der jüngeren Vergangenheit gebrochen. Seit Jahren ist die Zahl der Abtreibungen in dieser Altersgruppe rückläufig: Wurden 2006 in Baden-Württemberg noch 681 Abtreibungen bei Minderjährigen vorgenommen, so waren es im vergangenen Jahr noch 384.Minderjährige Schwangere in Baden-Württemberg entscheiden sich nach einer Erhebung der Techniker Krankenkasse (TK) überwiegend für einen Abbruch. Im Jahr 2012 standen 415 Abtreibungen 321 Geburten gegenüber - nur Hamburg habe eine höhere Negativquote im Ländervergleich, teilte die TK-Landesvertretung in Stuttgart mit. Auch in Hessen und Bayern verzeichnete die TK diese Entwicklung.

Bundesweit ergibt sich bei den unter 18-Jährigen hingegen ein umgekehrtes Bild: 4126 junge Schwangere brachten ihr Kind zur Welt, während 3816 eine Abtreibung vornehmen ließen.

Warum die Situation im Südwesten, Hessen und Bayern ander ist, könnte nach Einschätzung der TK damit zusammenhängen, dass die beruflichen Perspektiven in „reichen“ Bundesländern besser sind oder Beruf und Ausbildung dort generell einen höheren Stellenwert haben. Dies sei auch die Einschätzung bei den Beratungsstellen von „pro familia“ und der Diakonie Freiburg, „mit denen wir gesprochen haben“, wie ein TK-Sprecher sagte.

Bei den Beratungsstellen sei auch darauf hingewiesen worden, dass es im Osten Deutschlands für Alleinerziehende bessere Angebote gebe, so der Sprecher weiter. Auch dies ist demnach ein Grund für Minderjährige, sich gegen ein Kind zu entscheiden.

Der Anteil junger Mütter an den Geburten ist allerdings generell in Baden-Württemberg und Bayern mit 0,4 Prozent am niedrigsten, in Sachsen-Anhalt mit 1,1 Prozent am höchsten.

Was die Lage außerhalb Deutschlands angeht, so hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nach einer groß angelegten Untersuchung folgendes Fazit gezogen: „Festzuhalten ist, dass die Zahl der Teenager-Schwangerschaften in Deutschland im internationalen Vergleich niedrig ist.“ Zu verdanken sei dies einer zielgruppengerechten Sexualaufklärung, erklärten die Autoren. An der Präventionsarbeit seien viele beteiligt: Familie, Schule, Beratungsstellen vor Ort, Institutionen auf regionaler und nationaler Ebene. Diese günstige Ausgangssituation werde flankiert von Maßnahmen und Kampagnen der BZgA wie „Komm auf Tour“ oder den Online-Angeboten „www.schwanger-unter-20. de“ und „www.loveline.de“.

Die Auswertung der TK von Daten des Statistischen Bundesamtes ergab ferner, dass nur 39 Prozent der Baden-Württembergerinnen sich vor ihrem 20. Geburtstag mindestens einmal ein Verhütungsmittel auf Rezept haben verordnen lassen. Damit liegt das Land unter dem bundesweiten Schnitt von 42 Prozent. Für die Erhebung hat die TK bundesweit die Daten von 370 000 weiblichen Versicherten im Alter zwischen 13 und 20 Jahren ausgewertet.

Die TK erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die gesetzlichen Krankenkassen für Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr generell die Kosten ärztlich verordneter empfängnisverhütender Mittel tragen. Ab dem 18. Geburtstag ist allerdings die gesetzliche Zuzahlung zu leisten.