Hinter den Kundgebungen wie hier am 31. August in Stuttgart steht die R4bia-Bewegung, die aus Ägypten und der Türkei nach Deutschland geschwappt ist. Sie will am 21. September wieder in Stuttgart auf die Straßen. Foto: Peter Petsch

Verfassungsschützer haben die R4bia-Bewegung im Visier. Sie sehen Verbindungen zu den Organisatoren auch in Stuttgart. Plakate von Gegendemonstranten wurden zerstört.

Stuttgart - Am vergangenen Samstag hat eine „Initiative für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie in Ägypten“ rund 4000 Menschen zu Schweigemarsch und Kundgebung in Stuttgart versammelt. Laut Ankündigungen im Internet wird bereits für den 21. September zur nächsten Demonstration aufgerufen. Die Kritik daran wächst.

Hinter den Kundgebungen steht die R4bia-Bewegung, die aus Ägypten und der Türkei nach Deutschland geschwappt ist. Ihr Symbol, eine Hand mit vier ausgestreckten Fingern, ist auch in Stuttgart tausendfach zu sehen gewesen. Das Landesamt für Verfassungsschutz rechnet die Bewegung den Muslimbrüdern zu, die unter anderem dafür stehen, einen weltweiten Gottesstaat errichten zu wollen. Die Verfassungsschützer beobachten die Kampagne. Nach der Demo am Samstag kommt ein Sprecher zum Schluss: „Wir haben allen Grund, darin eine Solidarisierung mit den Muslimbrüdern zu sehen. Demokraten erkennen wir da keine.“

Aussagen des Organisators in Stuttgart, die Demonstrationen hätten keinen religiösen Hintergrund, stoßen bei den Verfassungsschützern deshalb auf Unverständnis. „Am Ende auf dem Marienplatz hat es Gebete gegeben, bei denen Männer und Frauen getrennt worden sind. Natürlich gibt es da einen religiösen Hintergrund“, sagt der Sprecher und sieht auch in Stuttgart klare Bezüge zu den Muslimbrüdern.

Organisation ist „die türkische Variante der Muslimbruderschaft“

Zum einen, weil unter anderem Milli Görüs die Kundgebung beworben hatte – der Organisation unterstellt der Verfassungsschutz ein antidemokratisches Staatsverständnis. Sie sei „die türkische Variante der Muslimbruderschaft“. Zum anderen sehe man auch Verbindungen über die Veranstalter selbst. Einer davon sitzt im Vorstand der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg. Unter deren Dach gibt es sieben Gebetsräume in Stuttgart – auch das Islamische Zentrum in Bad Cannstatt. „Dort haben wir über Jahre hinweg Literatur der Muslimbrüder gefunden. Die Verbindungen sind eindeutig da“, so der Sprecher.

Ihre Erfahrungen haben auch zwei junge muslimische Zaungäste der Demonstration am vergangenen Samstag gemacht. Die Ägypterin, die in Stuttgart studiert, und ihr Begleiter wollten gegen die R4bia-Bewegung protestieren. „Wir haben deshalb Plakate gebastelt“, erzählt der junge Mann. Auf einem stand „Muslimbruderschaft = kein Frieden zwischen den Religionen“, das andere wendete sich gegen „ islamistischen Faschismus“ und „Unterdrückung der Frauenrechte“. Das ging nicht lange gut.

Stadt kann Kundgebung kaum verhindern

Sie seien als „Hunde“ beschimpft und schließlich von den Ordnern der Demonstration tätlich angegangen worden, berichtet der junge Mann: „Sie haben unsere Plakate zerstört und sind handgreiflich geworden.“ Erst als Passanten darauf aufmerksam geworden seien, hätten sie damit aufgehört. Die Polizei habe lediglich die Personalien der beiden Gegendemonstranten aufgenommen, die Ordner aber ziehen lassen. Weitere Augenzeugen berichten zudem, es sei vereinzelt für die extremistische Hamas und für Milli Görüs geworben worden. Auch die Deutsch-israelische Gesellschaft hat die Demonstration scharf kritisiert.

Beim Stuttgarter Ordnungsamt ist bisher am 21. September noch keine Ägypten-Demo angemeldet. Verhindern kann die Stadt eine Kundgebung ohnehin kaum. Ein Versammlungsverbot ist nur möglich, wenn Gefahren für die öffentliche Sicherheit nicht anders abgewendet werden können. Damit ist in diesem Fall aber nicht zu rechnen.