Das ganz große Aufgebot des Stuttgarter Liederkranzes im Beethovensaal der Liederhalle. Foto: privat

An diesem Sonntag, 21. April, findet der zentrale Festakt zum 200-Jahr-Jubiläum des Stuttgarter Liederkranzes in der Liederhalle statt. Heute wie seit den Gründungsjahren ist die Verehrung für Schiller und die Verbindung zu Stuttgart Programm.

Wer die Schiller-Begeisterung von einst heute nachvollziehen möchte, darf den Vergleich mit aktuellen Pop- und Sportstars nicht scheuen: Als am 8. Mai 1839 die Schiller-Statue auf dem Stuttgarter Schillerplatz enthüllt wurde, wo sie ja heute noch steht, jubelten Tausende. Das war aber noch gar nichts gegen den Menschenauflauf, der sich versammelte, als in Marbach 1903 das Schiller-Nationalmuseum eröffnet wurde. Vor allem, wenn man die Zahl der Festgäste in Relation setzt zu den Bewohnern des damals sehr bescheidenen Orts, in dem Schiller nur kurze Zeit verbracht hat als Säugling.

Hier wurde gesungen, musiziert und rezitiert

Wenn der Stuttgarter Liederkranz jetzt sein 200-Jahr-Jubiläum feiert, hat das auch viel mit Schiller zu tun. In Stuttgart hat Schiller einige Jahre verbracht, er besuchte hier die hohe Carlsschule und hat ziemlich sicher mit den Entwürfen zu seinem ersten Theaterstück „Die Räuber“ begonnen. Ein umtriebiger junger Mann also, der sein Können beweisen wollte, der auf jeden Fall in der Kunst auch Grenzen und Gewohnheiten sprengen wollte. Also war er bei Treffen dabei, bei denen gesungen, musiziert und rezitiert wurde, gehörte doch zur Carlsschule eine Kunst- , Musik- und Theaterakademie. Seit dem Dezember 1780 sind solche Treffen überliefert, 1785 hat sich diese lockere Runde den Namen „Sonntags-Abend-Gesellschaft“ gegeben. Damals gab es schon einen Männer- und Frauenchor sowie ein Orchester. Es wurden deutsche Singspiele von Johann Rudolf Zumsteeg aufgeführt. Die ersten Leiterinnen des Frauenchors etwa waren Julie Schubart, die Tochter des Dichters Schubart, und Emilie Zumsteeg, die Tochter des Komponisten.

Der Liederkranz finanzierte eine erste Liederhalle

Gegründet wurde der Stuttgarter Liederkranz im Mai 1824. Die Verehrung und Pflege von Schillers Werk stand von Anfang an in der Satzung, zumal 26 der 80 Gründungsmitglieder schon bei den Treffen von 1780 an dabei waren. Hochmögende Menschen aus dem Land kamen fortan unter dem Dach des Liederkranzes zusammen.

Die Verbundenheit mit der Stadt ist geblieben. Neben der Schiller-Statue wurde 1864 eine erste Liederhalle vom Liederkranz finanziert, am selben Platz der heutigen Liederhalle, die 1875 erweitert wurde um einen Festsaal, in dem 2500 Menschen Platz hatten. Damit konnte man gut mithalten mit den ganz großen Konzerthäusern der damaligen Welt. Nach dem Krieg – das Renaissance-Gebäude wurde bei einem Bombenangriff im Oktober 1943 zerstört – war der Verein offenbar nicht mehr in der Lage, einen Neubau zu stemmen. Das Ruinengrundstück wurde der Stadt überlassen, die dort die heutige Stuttgarter Liederhalle baute. Dem Liederkranz ist die Adresse geblieben mit eigenen Verwaltungsräumen und dem Schubert-Saal als Probenort.

Der Liederkranz neu aufgestellt

Heute gibt es viele Chöre in der Stadt, unter denen der Liederkranz sich behaupten muss. Lange konnte er aus dem Vollen schöpfen mit seiner beachtlichen Mitgliederzahl und dem hauseigenen Orchester. Große Werke in großer Besetzung wurden aufgeführt vor allem im oratorischen Bereich, auch als Ur- und Erstaufführungen. Populäre Opern mit viel Chorgesang gehörten auch dazu. Außerdem werden die einstigen Hauskomponisten gepflegt wie Silcher, Zumsteeg, Lindpaintner oder Jommelli.

Doch der Liederkranz hat mittlerweile mit denselben Problemen zu kämpfen wie andere Chöre auch: die Überalterung der Singenden, denn viele Jüngere möchten sich heute nicht mehr „für immer“ binden an eine Gemeinschaft und engagieren sich lieber projektbezogen in einem klar abgesteckten Rahmen.

Spätestens 2015 war klar, dass die bisherigen Chorensembles mit einem Männer- und einem Frauenchor auf Dauer nicht zukunftsfähig sind. 2017 erfolgte daher die Berufung des Künstlerischen Leiters Andreas Großberger, der 2018 die Chöre neu aufgestellt hat. Das hat Spuren hinterlassen: Einige Mitglieder sind gegangen, andere sind gerade wegen der neuen Struktur dazugekommen.

Die aktuelle Ensemblestruktur agiert erfolgreich: Der Konzertchor macht eher große weltliche Chormusik. Der Kammerchor StuttgartVokal bietet als Ergänzung eher feine sakrale Musik. Das Sinfonieorchester gibt es jetzt seit 150 Jahren als Alleinstellungsmerkmal des Stuttgarter Liederkranzes. Und SLKplus ermöglicht Auftritte auch noch denjenigen Mitgliedern, die große Konzerte nicht mehr durchstehen können. Im vergangenen Jahr wurde mit Sebastian Kunz ein neuer, junger künstlerischer Leiter gefunden, der noch viel vorhat.

Festakt am Sonntag

Programm
Los geht es am Sonntag, 21. April, um 18 Uhr im Beethovensaal der Liederhalle. Auf der Bühne sind alle Ensembles des Stuttgarter Liederkranzes, also der Konzert- und der Kammerchor, SLKPlus, sowie das Sinfonieorchester des Liederkranzes. Gast des Abends ist der Chor Collegium Iuvenum. Die Dirigenten sind Sebastian Kunz und Ulrich Walddörfer. Es sprechen Vertreter aus Politik und Gesellschaft, durchmischt mit musikalischen Beiträgen der Ensembles. Den Festvortrag hält der Stadthistoriker Herbert Medek. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten unter 0711/2 99 17 86 oder stuttgarterliederkranz@t-online.de.