Was treibt die Menschen in einen Zweitjob? Ist es wirklich die gestiegene Konsumlust? Foto: dpa

Knapp 500 000 Menschen im Land haben zwei Jobs: Bei der Frage, warum es immer mehr werden, streiten sich die Experten. Die IHK hält Minijobs für ein Erfolgsmodell mit hoher Nachfrage.

Stuttgart/Berlin - Die Frage, warum nie zuvor so viele Menschen zwei Jobs hatten, erhitzt die Gemüter in Politik und Wirtschaft. „Es ist zynisch zu behaupten, die Menschen hätten mehrere Jobs, weil ihre Konsumlust so groß sei“, sagte Leni Breymaier, Verdi-Bezirksleiterin in Baden-Württemberg, den Stuttgarter Nachrichten. Mit Konsumlust zu argumentieren gehe völlig an der Realität vorbei und sei ein Schlag ins Gesicht all jener, die hart für ihren Lebensunterhalt arbeiteten.

Das Bundesarbeitsministerium hatte „gestiegene Konsumlust“ als einen Grund dafür genannt, warum die Zahl der Menschen mit Zweitjob 2012 auf 2,66 Millionen Menschen gestiegen sei. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) verdoppelte sich der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit einem Zweitjob innerhalb von nicht einmal zehn Jahren auf 9,1 Prozent. Auch im Südwesten ist die Zahl der Menschen mit Zweitjob auf Rekordhöhe. Wie aus Zahlen der BA-Regionaldirektion in Stuttgart hervorgeht, besserten Ende 2012 im Land 471 528 Menschen ihr Haupteinkommen auf.

„Abhilfe schaffen würden die Einführung des Mindestlohns und die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen“, sagte Breymaier insbesondere mit Blick auf den Einzelhandel. Dann wären die Verträge dort bindend. Minijobs müssten abgeschafft und durch auskömmliche Teilzeitarbeitsplätze ersetzt werden. „Für die Arbeitgeber sind Minijobs ein gern genutztes Sparmodell.“

„Ob das aufgeht, bezweifle ich“, sagte Bernd Engelhardt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Stuttgart, unserer Zeitung. „Dass auch Arbeitnehmer das Modell Minijob so stark nachfragen, zeigt, dass es ein starkes Interesse an flexiblen Beschäftigungsmodellen gibt.“ Bei den Gründen gebe es viel Interpretationsspielraum, so Engelhardt. „Wenn es darum geht, sich Konsumwünsche zu erfüllen, ist der Minijob sicher eine attraktive Möglichkeit, um sich noch etwas dazuzuverdienen.“