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Für Schwaben gehört Bruddeln zur Lebensqualität. Die zweite Staffel von „Die Kirche bleibt im Dorf“ ist ein Fortgeschrittenenkurs fürs Fluchen.

Stuttgart - Wie hemmers denn? Bisch du no ganz bache? Pass uff, oder ich hau di og’spitzt in de Boda! Des isch a granatamäßige Unverschämtheit! Heilandsack!

Zur besten Sendezeit wird jetzt wieder im SWR-Fernsehen heftig geflucht. Die zweite Staffel der schwäbischen Serie „Die Kirche bleibt im Dorf“ hat zwar mit einem großen Drehbuch-Durcheinander begonnen und die Zuschauer verwirrt, aber gleichzeitig klargemacht: Bei uns Schwaben gehört das Bruddeln und Schimpfen zur Lebensqualität. Die Schwaben, speziell jene Exemplare, die im Mundart-Programm des Fernsehens agieren, sind fantasievolle Lautmaler.

Lustvoll hauen sie mit Donnerworten um sich. Ihren Ärger lassen sie gern am Stück raus und gönnen sich im Zustand der Ungemütlichkeit keine Atempause.

Herrgoddskreizdonnderweddrabberau! Hemmelherrgoddsagramentleggmeamarschscheißglo’mbverreggts!

Die einfachen Flüche beginnen oft mit dem Vorwort soen oder soa (Hochdeutsch fein: So ein). Hier einige Beispiele: Soen Schoofscheiß, soen Bäbb, soa Läddagschwädz, soa Lumbakruschd.

Die erste Flüche werden gern im Bruddelton vernuschelt. Es grummelt und grollt. Da braut sich was zusammen, was zu zweierlei führen kann: Entweder es verpufft, weil der Schwabe in letzter Sekunde denkt, dass er beim Schweigen keine Fehler macht. Oder er sieht ein, dass Schweigen letztendlich der Heilung schadet und er besser granatenmäßig explodieren sollte, bis die Wände wackeln.

Doch man muss genau hinhören. Ein Fluch kann auch ein Freudenschrei sein.

Jajetzlecknomiamarsch, dr Häberle!

Es gab Zeiten, da wollte man im Fernsehen des Südwestens lieber vornehm reden, weshalb die Programmchefs alle schwäbischen Serien gestrichen haben. Glücklicherweise sind diese Zeiten vorbei. Entwurzelte Global Player haben erkannt, wie gesund es ist, seiner heimatlichen Veranlagung zu folgen. Dialekt ist die Heimat der Seele. Und dafür muss sich keiner mehr schämen.

Der Minderwertigkeitskomplex ist in unserem Volksstamm weitgehend verschwunden. Früher dachten Schwaben in Konferenzen und Debatten, die reingeschmeckten Norddeutschen argumentierten intellektueller, weil ihr Hochdeutsch schlau und perfekt klingt. Wenn dagegen die Schwaben den Mund aufmachten, hatten sie das Gefühl, ihre Ansichten würden sich saublöd anhören. Als würde der Dorftrottel was sagen. Von wegen! Längst gilt der Dialekt als authentisch und ehrlich. Wer spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ist nicht so verstellt und verquer wie ein Fischkopf. Er führt einen nicht hinters Licht, sondern ist vertrauenswürdig und rechtschaffen.

Die Serie „Die Kirche bleibt im Dorf“ ist Fortbildung. Sie ist ein Lehrgang für schwäbisches Fluchen. Der Vorrat an verbalen Grobheiten scheint endlos – in jeder Folge dürfen die Hauptdarsteller noch mehr Derbheiten raushauen. Dies wird so lange gutgehen, bis die vielen nichtschwäbischen Fans der Streitereien von Oberrieslingen und Unterrieslingen bei der Intendanz Untertitel einfordern.

Und was ist, wenn der Chef die Übersetzung anordnet? Das geht dann so: „Dir henge ’s Greiz aus, dass du den Arsch en dr Schleng hoimdrägsch“, sagt der Gottfried Häberle, und am unteren Teil des Bildschirms steht: „Verehrter Herr, ich werde Ihrem Rücken schaden, bis Sie Ihr Hinterteil im Notverband nach Hause tragen.“

Ach nein, das brauchen wir nicht! Schwäbische Flüche sind wie gute Rockmusik, die jeder versteht, weil sie in Mark und Bein geht. Hemmers?

Die nächsten Folgen laufen am 15. Dezember - hier geht's zu weiteren Infos.