Seit 2012 möchte Wolfgang Daiber auf seinem Hof eine Biogasanlage bauen. Foto: Horst Rudel/Archiv

Es geht um eine Baugenehmigung und um Emissionen. Weil sich zwei Landwirte aus Uhingen-Holzhausen streiten, muss sich das Verwaltungsgericht in Stuttgart mit einer Biogasanlage und einem Schweinestall befassen.

Uhingen/Stuttgart - Seit rund acht Jahren möchte Wolfgang Daiber auf seinem Aussiedlerhof eine Biogasanlage errichten. Der Landwirt aus dem Uhinger Stadtteil Holzhausen hatte sich zunächst mit einem abschlägigen Votum des örtlichen Gemeinderats herumschlagen müssen, ehe er – trotz allen Gegenwinds – 2013 letztlich die Baugenehmigung vom Göppinger Landratsamt erhielt. Realisiert werden konnte das Projekt allerdings bis heute noch immer nicht, denn seither verhindert Gerhard Kissling, der in Holzhausen ebenfalls einen Bauernhof betreibt, das Vorhaben.

An diesem Donnerstag trafen sich die beiden Landwirte – einerseits wegen der nach wie vor geplanten Biogasanlage, andererseits wegen des Streits um die Emissionen eines längst genutzten Abferkelstalls auf dem Daiberschen Betrieb – nicht zum ersten Mal vor den Schranken der Justiz. Vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht ging es um eine sogenannte Nachbarklage. Diese muss Kissling nicht gegen seinen Kollegen, sondern – wie auch den Streit um weitere immissionsschutzrechtliche Auflagen für den Schweinestall, in dem die Sauen ihren Nachwuchs zur Welt bringen – gegen das Land Baden-Württemberg führen, da die Göppinger Kreisverwaltung in beiden Fällen ihr Okay gegeben hatte.

Kissling befürchtet, dass sein Wald geschädigt wird

Zwar befinden sich die Höfe an entgegengesetzten Ortsenden. Kissling besitzt aber ein etwa zwei Fußballfelder großes Waldstück, das an Daibers Anwesen grenzt. Er befürchtet, dass der von dort ausgehende Ammoniak- und Stickstoffeintrag seinen nahen Wald schädigt, was sein Anwalt in der Verhandlung anhand mehrerer Faktoren und ausführlichst schilderte. Die versammelten Gutachter mitgezählt, hatten insgesamt elf Prozessbeteiligte vor dem Vorsitzenden Richter Raphael Epe und seinen Beisitzern Platz genommen.

Bevor es in die juristische Bewertung ging, wollte Epe von Kissling wissen, in welcher Form er seinen Wald denn überhaupt nutze. Dieser erklärte, dass seine letzte Holzvermarktung aus diesem Bereich, die Rede war von rund 200 Festmetern, sechs oder sieben Jahre her sei. Zudem stimmte er dem Richter zu, als dieser von einer durchschnittlichen jährlichen Entnahme von etwa zehn Festmetern sprach.

Gericht weist sämtliche Beweisanträge der Kläger zurück

Als es um den potenziellen und den zu erwartenden Schadstoffeintrag durch Daibers Anlagen ging, wichen die Einschätzungen indes deutlich voneinander ab. Zwar hatte eine Gutachterin errechnet, dass der Stickstoffdioxid-Ausstoß weit unter den pro Jahr erlaubten fünf Kilogramm pro Jahr und Hektar liege, was wiederum dem Landratsamt als eine nicht unwesentliche Basis für das Erteilen der Baugenehmigung diente. Ein Sachverständiger, den die Kläger beauftragt hatten, bezweifelte diese Zahl jedoch, die im übrigen den Stickstoffdioxid-Emissionen eines gesetzeskonformen Dieselautos bei 60 000 Kilometern Fahrleistung pro Jahr entspricht.

Die Verwaltungsrichter folgten wiederum den von der Gutachterin ermittelten Werten, die keinen Anlass zum Zweifel böten. Raphael Epe machte deutlich, dass nach der vorläufigen Einschätzung des Gerichts von irrelevanten Schadstoffeinträgen ausgegangen werden müsse. „Wenn diese unter festgeschriebenen Grenzen liegen, ist aus unserer Sicht keine Unzumutbarkeit zu erkennen“, sagte er. So wies das Gericht letztlich auch vier neue Beweisanträge der Klägerseite zurück.

Was den Abferkelstall betrifft, fordert Gerhard Kissling derweil eine Aufhebung des Landratsamtsbescheids von 2014, da die schädlichen Umwelteinwirkungen auf seinen Wald nach dem heutigen Stand der Technik vermeidbar seien. Epe machte in der Verhandlung jedoch deutlich, dass das Gericht keinen Raum für diese Klage oder eine nachträgliche Anordnung sehe. So wurden auch in diesem Verfahren vier zusätzliche Beweisanträge zurückgewiesen. Eine endgültige Entscheidung fiel indes noch nicht. Diese wird den Streitparteien demnächst schriftlich zugestellt. Zwei Dinge stehen aber schon fest: „Die Sache wird weitergehen“, betonte Gerhard Kissling. Wolfgang Daiber dürfte seine Biogasanlage also wohl so schnell noch nicht bauen können.