Am 13. März 2013 wurde Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt. Eine Zwischenbilanz über den Ausmister im Vatikan.

Franziskus hat wie Herakles eine Vorliebe fürs Ausmisten. Der Sage nach soll der antike griechische Held die vor Dreck starrenden Rinderställe des Königs Augias binnen eines Tages gereinigt haben, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.

Sein Trick: Mittels eines Kanals leitete der gewiefte Herakles die Flüsse Alpheios und Peneios durch die Ställe und machte so „Tabula rasa“. Von Ruckzuck-Aktionen und tip-top-sauberen Vatikan-Hallen kann der Papst nur träumen. Auch nach zwei Jahren in Amt und Bürden „liegen die Mühen der Ebenen“ noch vor ihm, wie Berthold Brecht einmal sagte.

Franziskus und die Mühen der Ebenen

Was hat der 78-jährige Argentinier seit seiner Wahl am 13. März 2013 nicht schon alles angepackt: Erst mischte er die skandalträchtige Vatikanbank auf, dann schickte er reihenweise enge Berater seines Vorgängers Benedikt XVI. in die Wüste, installierte einen Kardinalsrat als neues Machtorgan und stauchte verdiente Vatikan-Granden zusammen, indem er ihnen „spirituellen Alzheimer“ und Machtallüren vorwarf.

Doch das öffentliche Bild vom charismatischen Erneuerer, progressiven Reformer und tatkräftigen Macher hat Kratzer bekommen, seit Franziskus mit provokanten Äußerungen für Irritationen sorgte. Seine deftigen Worte über Karnickel, Prügelstrafe und Faustschläge haben bei manchen Zweifel an den pontifikalen Führungsqualitäten aufkommen lassen.

Die anfängliche Begeisterung über „Super-Mario“ weicht zunehmend Enttäuschung und Skepsis. Nach zwei Jahren des ankündigten Aufbruchs muss Franziskus endlich mehr liefern als publikumswirksame Auftritte, launige Anekdoten und coole Sprüche.

Oberflächliche Begeisterung für den großen Kommunikator

Dass Jorge Mario Bergoglio ein leutseliger und redseliger Mensch ist, wird niemand bestreiten. Nur ist es des Guten manchmal zu viel. Kurienkardinal Walter Brandmüller, Intimus des zurückgetretenen Joseph Ratzinger, nennt die öffentliche Begeisterung für Franziskus unverhohlen „oberflächlich“.

„Wäre diese Bewegung eine religiöse, wären die Kirchen voll“, sagt der 86-jährige Kleriker. Brandmüller dürfte sich in seinem Urteil durch Franziskus’ Fauxpas der vergangenen Monate bestätigt sehen. Die unkritische Euphorie gilt dem Kommunikator, nicht seinem Programm – soweit überhaupt eines erkennbar ist. Trotz der immer wieder ausgerufenen Revolution hat man den Eindruck, dass alles beim Alten bleibt.

Widersprüchlichkeit des Pontifikats

Da ist die vom Papst propagierte Option der Kirche für die Armen – Kernbotschaft eines jeden Pontifikats. Auch dogmatisch und moraltheologisch ist er nicht weniger konservativ als seine Vorgänger. Er stellt den Pflichtzölibat und das Verbot der Pille genauso wenig in Frage wie die generelle Sündhaftigkeit homosexueller Praktiken und die unfehlbare Autorität des päpstlichen Amtes.

Die Widersprüchlichkeit zwischen forschem Auftreten und ausbleibenden substanziellen Fortschritten in Lehre und Praxis ist fast schon ein Markenzeichen dieses Pontifikats.

The same procedure as every year!

Franziskus will das Reformtempo erhöhen, ist aus dem Vatikan zu hören. Bedeutet das: noch mehr Reisen, personelle Veränderungen und provokante Sprüche?

Im Oktober geht die vatikanische Familiensynode in die entscheidende zweite Runde, welche die große „Wende“ bringen und Schluss machen soll mit Doppelmoral, Lebenslügen und Selbsttäuschung in der Kirche. Doch es ist derselbe alte Wein, der in neuen Schläuchen kredenzt wird. Weder am Dogma der Unauflöslichkeit der Ehe noch an der Missbilligung homosexueller Partnerschaften wird sich offiziell etwas ändern.

Am Ende wird das Jahr drei von Franziskus’ Regentschaft so ausgehen wie der TV-Sketch „Dinner for One“: „The same procedure as last year? – The same procedure as every year!“ (Der gleiche Ablauf wie im vergangenen Jahr? – Der gleiche Ablauf wie in jedem Jahr!).