Ein Elektroauto von e.Go. Politik, Industrie und Gewerkschaft zerbrechen sich den Kopf darüber, wie die Zukunft der deutschen Autoindustrie aussieht. Foto: dpa

Die Industrie folgt dem Trend zum E-Auto und vernachlässigt wichtige Öko-Technologien, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Suchen wir mal nach der guten Nachricht: Auch nach dem Gipfeltreffen zur Autoindustrie bleibt es spannend. Die versammelten Repräsentanten haben nicht allzu viel darüber verraten, wie es weitergehen soll mit der Branche, den künftigen Technologien und den Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Es habe sich um einen Einstieg in einen Gesprächsprozess gehandelt, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Beteiligten redeten darüber, dass sie miteinander reden wollen. Nur keine Eile.

Ein Riss geht durch die Branche

Wer die Erklärungen nebeneinander legt, muss sogar zu dem Schluss kommen, dass man sich noch nicht einmal darüber einigen konnte, worüber man überhaupt sprechen will. Seit Volkswagen-Chef Herbert Diess der Branche vorgeben wollte, bis auf weiteres nur auf das Batterieauto zu setzen, geht ein tiefer Riss durch die Industrie, der auch durch Formelkompromisse nur notdürftig zugekleistert werden kann. Man müsse sich jetzt auf den „größten Hebel“ konzentrieren, sagte Bernhard Mattes, Chef des Branchenverbands VDA. Also auf die Elektromobilität. Langfristig müssten dann „weitere Alternativen“ hinzukommen. Damit wischt Mattes erst einmal alle Alternativen zur Batteriemobilität vom Tisch, erklärt aber zugleich, sich nicht auf diese zu fixieren. Wer bereits mit solchen wachsweichen Positionen in die Verhandlungen geht, braucht sich über das Stirnrunzeln der anderen nicht zu wundern.

So vage die Aussagen nach dem Autogipfel sich auch anhören – das zentrale Thema ist offensichtlich in der Tat der weitere Ausbau der Batteriemobilität, die derzeit schwer im Trend liegt. Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden – allerdings sehr wohl dagegen, dass andere Technologien in den aktuellen Überlegungen kaum eine Rolle spielen.

Ohne Wohlstand weniger Klimaschutz

Die Brennstoffzelle etwa vermeidet etliche Nachteile, die die Umweltbilanz des Batterieautos beeinträchtigen. Sie benötigt wesentlich weniger teure, umweltschädliche Rohstoffe, sie ist nicht auf den extrem aufwendigen, langwierigen Ausbau des Stromnetzes angewiesen, und ihr Rohstoff lässt sich aus Wasser gewinnen, das als einer der wenigen Stoffe auf der Welt im Überfluss vorhanden ist. Außer den längeren Reichweiten und den kürzeren Ladezeiten hat sie auch den Vorteil, technologisch anspruchsvoller zu sein als ein Elektromotor und damit die Stärken der deutschen Autoindustrie besser zur Geltung zu bringen. Und der Nutzen synthetischer Kraftstoffe, die nahezu klimaneutral verbrennen können, ist nicht vom langwierigen Austausch von Millionen Autos abhängig, sondern im Prinzip schon mit den heutigen Autos realisierbar. Dass dies auch für die Beschäftigung in Deutschland enorme Vorteile hätte, liegt auf der Hand.

Es ist kein Zufall, dass die Grünen bei der Europawahl gerade in Deutschland so stark abgeschnitten haben, das wegen seiner Automobilindustrie in einem großen Wohlstand lebt. Doch Handelskonflikte können diesen Wohlstand und damit auch die Bereitschaft zum Klimaschutz ebenso bedrohen wie eine Politik, die gerade diejenige Technologie bevorzugt, in der Deutschlands Stärken am wenigsten zur Geltung kommen. Man muss lange suchen, bis man ein Land findet, das seine legitimen Interessen derart zurückstellt wie Deutschland, von dessen Wirtschaftskraft ja auch für die EU vieles abhängt.

Lange hat die deutsche Autobranche allein auf den Verbrennungsmotor gesetzt. Nun aber genauso einseitig auf die Batterietechnologie zu setzen, würde bedeuten, den gleichen Fehler wie einst zu begehen. Genau in diese Richtung weisen die Vorschläge des Autogipfels. So gesehen ist es fast schon wieder eine gute Nachricht, dass die Beschlüsse so unverbindlich ausgefallen sind.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de