Die Geparden-Brüder Zawadi (links) und Haraka sind anderthalb Jahre alt. Die Tiere stammen aus Lyon in Frankreich und haben sich inzwischen gut eingelebt. Foto: Wilhelma Stuttgart/Inga Dauter

Die Corona-Krise kappt die Einnahmen der Wilhelma drastisch. Deshalb hofft Direktor Thomas Kölpin auf eine Wiedereröffnung noch im Sommer – und setzt auf neue Attraktionen.

Stuttgart - Seit 17. März sind die Zootiere unter sich. Auch als sich vergangene Woche die Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) trafen, um Lockerungen der Corona-Maßnahmen zu beraten, gab es kein Pardon: „Der Beschluss von Bund und Ländern vom 15. April sieht keine Lockerung der Restriktionen für Zoos und Botanische Gärten vor“, stellt die Wilhelma in Stuttgart klar.

Zwei Millionen Euro verloren

Der zoologisch-botanische Garten erleidet momentan heftige Einbußen. „Wir hatten letztes Jahr in der Zeit vom 18. März bis zum 20. April insgesamt 270 000 Besucher. In diesem Jahr war in diesem Zeitraum geschlossen. Somit entgehen uns umgerechnet rund zwei Millionen Euro an Einnahmen. Das Wetter war dazu noch herausragend schön, da wären sicher sehr viele Gäste gekommen“, sagt Direktor Thomas Kölpin. Leicht auszurechnen, was der Kasse verloren geht bei weiteren vier oder gar acht Wochen Schließung. „Das müssen wir über unsere Rücklagen decken. Ob uns das Land mit einem erhöhten Zuschuss unterstützt, darüber werden wir später in Ruhe reden.“ Jetzt aber sei es wichtig, nichts unversucht zu lassen, die potenziellen Verbreitungswege zu minimieren, so der promovierte Biologe. Derweil brauchen 8500 Pflanzenarten Pflege, 11 000 Tiere Futter und Wasser, der Zoo nach der Öffnung eine Perspektive und, sozusagen, Zug-Tiere: Die Raubkatzen sollen wieder Publikumsmagneten werden.

Beitrag zur Rettung der Art

Die Wilhelma beteiligt sich am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für Geparden, weil ihre Art aus Afrika und dem Mittleren Osten fast verschwunden und bald als vom Aussterben bedroht eingestuft wird. Im Irak und im Iran, in Namibia, Botswana und Südafrika konkurrieren die weltweit noch lebenden 7500 Geparden mit der Bevölkerung um Lebensraum. „Geparden reißen gern kleinere Huftiere wie Schafe und Ziegen, deshalb sind sie nicht erwünscht“, so Kölpin. Wenn die Bevölkerung gut darauf vorbereitet worden sei, wolle man im arabischen Raum wieder Tiere auswildern.

Zoo setzt auf Geparden-Babys

Die zwei Kater, Haraka und Zawadi, müssen sich deshalb ranhalten. Sie stammen aus einem französischen Zoo bei Nantes, haben beste Gene, eine Zuchtempfehlung und leben jetzt in einem Gehege neben dem Aussichtspavillon Belvedere. Fehlt nur noch die Katze und ein Platz für sie, denn: „Wenn Katze und Kater zusammen gehalten werden, verschwistern sie und verlieren das Interesse aneinander“, sagt Thomas Kölpin.

Um Beziehungsmüdigkeit vorzubeugen, vor der wohl auch Franzosen nicht gefeit sind, haben die Verwaltung, die Kuratoren und Tierpfleger beschlossen, das alte Eisbärengehege für die Katze umzubauen. Im Herbst soll sie einziehen. Das Gehege bezeichnet Kölpin als „eine in Beton gegossene Festung“, die nur mit einem gewaltigen finanziellen Aufwand zu anderen Zwecken umzubauen wäre.

Für die Gepardin reiche es, das große Wasserbecken mit Erdreich aufzufüllen, Klettermöglichkeiten und erhöhte Liegeflächen zu schaffen. „Geparden liegen gern erhöht auf Steinen und gucken gern in die Weite“, vom Eisbärengehege aus könne die Dame in den Rosensteinpark hineingucken und den Feldhasen beim Spielen zusehen, „das ist für eine solche Raubkatze äußerst attraktiv“.

Im Winter kommen die Koalas

Für den Bau des Gepardenhügels bekomme man Unterstützung vom Förderverein. Er setzt aber auch einen endgültigen Schlusspunkt unter die Eisbärenhaltung in Stuttgart, die mit Wilbärs Geburt im Jahr 2007 ihren Höhepunkt hatte. „Moderne Eisbärenanlagen sind wesentlich größer, bieten mehr Beschäftigungsmöglichkeiten und haben einen Naturboden. Das Verhalten unserer Bären war am Ende nicht optimal, es sind leichte Stereotypien aufgetreten, dafür haben wir immer mehr Kritik geerntet. Insofern waren wir uns schnell einig, keine Eisbären mehr zu halten.“ Attraktivität gewänne der Hügel spätestens dann, wenn die ersten Geparden-Babys der Katze und der beiden Franzosen zur Welt kämen.

Etwas unterhalb des künftigen Gepardenhügels, im alten Menschenaffenhaus soll das Australienhaus entstehen. In Kürze beginnt die Sanierung, kündigt Kölpin an, Ende 2020/21 sollen Koalas aus dem australischen Partnerzoo Dreamworld in Queensland nach Stuttgart einziehen: „Damit schaffen wir einen ganz neuen Besuchermagneten, denn Koalas sind im Südwesten und in Süddeutschland überhaupt nicht vertreten.“

Wann kommt das neue Elefantenhaus?

Baustellen in dieser Größenordnung stemmt die Wilhelma aus eigenen Mitteln. „70 Prozent unseres Haushalts erwirtschaften wir aus den Umsatzerlösen“, so der Wilhelma-Chef. Dazu gehörten Eintritte, Pachterlöse aus Gastronomie, dem Zoo-Shop sowie aus dem Parkhaus.

Die restlichen 30 Prozent des 20-Millionen-Haushalts steuert das Land bei. Einschnitte könnte es laut Kölpin jedoch bei großen Projekten wie dem Elefantenhaus geben, ein Vorhaben, dessen Geschichte älter ist als so manches Tier im Zoo. Kölpin: „Das hängt davon ab, wie sich die Wirtschaft jetzt entwickelt und ob wir bis in den Sommer hinein oder gar darüber hinaus geschlossen bleiben müssen. Könnten wir bald wieder öffnen, kämen wir noch ganz gut aus dieser Krise heraus.“