Mehr als 13.000 Euro bekommt Klaus Ernst für Arbeit als Parteichef und Abgeordneter.

Ravensburg/Berlin - Einem Streit ist die Linkspartei bisher noch selten aus dem Weg gegangen. Weder extern noch in den eigenen Reihen. An Potenzial für innerparteiliche Konflikte mangelt es nicht: Tiefe Gräben tun sich auf zwischen Fundis und Realos, Ost und West – und jetzt auch zwischen Parteispitze und Basis.

Auslöser des jüngsten Streits sind die Mehrfach-Einkünfte von Parteichef Klaus Ernst. Der 55-Jährige bekommt neben seinen Abgeordnetendiäten in Höhe von 7668 Euro auch noch 3500 Euro von der Partei für sein Amt als Vorsitzender sowie 1913 Euro von der Bundestagsfraktion als Mitglied des Fraktionsvorstands. Diese Zusatzeinkünfte sorgen für heftige Diskussionen. Die Linke-Landesverbände in Sachsen und Sachsen-Anhalt fordern eine genaue Überprüfung der Einkünfte ihres Bundesvorsitzenden.

Rücktrittsforderung wurde abgeschmettert

Deutlich schärfer ist der Ton, der aus dem südlichen Oberschwaben in die Berliner Parteizentrale schallt: „Der Genosse Klaus Ernst wird aufgefordert, von seiner Funktion als Vorsitzender der Partei mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.“ Diesen Antrag stellten die Kreisverbände Sigmaringen und Ravensburg am vergangenen Samstag im Landesausschuss zur Abstimmung.

Zwar schmetterten die Stimmberechtigten – Landesvorstand sowie Delegierte aus den Kreisverbänden und den innerparteilichen Arbeitsgemeinschaften – die Rücktrittsaufforderung mit 45 Nein-Stimmen gegenüber einer Ja-Stimme ab. Der Ärger bei den Initiatoren ist damit aber noch lange nicht verraucht. „Wir sind in großer Sorge um die Zukunft der Partei“, schreiben Rainer Kaltofen, Vorsitzender des Kreisverbands Sigmaringen, und Jürgen Angelbeck, stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbands Ravensburg, in der Begründung ihres Antrags. Die „bekanntgewordenen und eingeräumten Verhaltensweisen des Genossen Klaus Ernst sind zu einer Belastung für die Linke geworden“.

"Keine Alimentierung durch die Partei"

Ernst selbst sieht an den 13.081 Euro, die er für seine Arbeit als Bundestagsabgeordneter und Parteivorsitzender kassiert, nichts Anrüchiges. „Die Regelung galt genauso für meine Vorgänger“, erklärt er am Montag via „Bild“-Zeitung. Wegen einer anderen Sache geht derzeit die Staatsanwaltschaft dem Verdacht der Untreue und des Betrugs gegen Ernst nach. Als Bundestagsabgeordneter soll Ernst zu Unrecht Flugkosten im Zusammenhang von Aufsichtsratssitzungen von Unternehmen über die Bundestagsverwaltung abgerechnet haben. Unterstützung bekommt Ernst von Gesine Lötzsch. Die Regelung entspreche einem Beschluss des Parteivorstands von Anfang Juli, bekräftigte die Co-Parteichefin.

Angelbeck will dies so nicht gelten lassen. „Das steht so nicht drin – und Beträge sind gar nicht genannt“, ärgert sich der Vizechef des Ravensburger Kreisverbands. „Für diese Leute ist kein Geldhahn zu versteckt, als dass sie ihn nicht finden würden“, echauffiert er sich. Ernst berufe sich auf Vertrauensschutz. Juristisch könne er diese Argumentation nachvollziehen, „aber nicht hinsichtlich politischer Verantwortung, Moral und Glaubwürdigkeit“, sagt Angelbeck.

Amt der Parteivorsitzenden als Ehrenamt

Der Linken-Parteirat in Sachsen fordert den Bundesvorstand auf, den Beschluss zurückzunehmen. „Es gibt in der Partei Unverständnis darüber, dass jemand neben seinen Aufwandsentschädigungen als Abgeordneter auch noch eine Alimentierung durch die Partei bekommt“, sagte Sachsens Linke-Chef Rico Gebhardt. Sachsen-Anhalts Linke-Fraktionschef Wulf Gallert hat sich für eine genaue Überprüfung des Einkommens von Parteichef Ernst ausgesprochen.

Lötzsch ihrerseits übt das Amt der Parteivorsitzenden – wie schon der frühere Parteichef Oskar Lafontaine – ehrenamtlich aus. Dagegen bekam Lothar Bisky in seiner Zeit als Parteichef nach den Worten von Lötzsch dieselbe Vergütung wie nun Ernst.

Die Mitglieder in Ravensburg und Sigmaringen wollten am Montagabend entscheiden, wie es weitergehen kann. „Es gibt einige Leute hier , die sagen, aus dieser Partei kann man nur noch austreten“, schildert Angelbeck die Stimmung. Er wird ihnen kaum widersprechen und schließt auch eine Auflösung des Kreisverbands nicht mehr aus.