Teilnehmer eines Sonderkongresses der Zeugen Jehovas singen 2006 in der AOL Arena in Hamburg während einer Massentaufe. Foto: dpa

Seit mehr als 100 Jahren haben die Zeugen Jehovas ihren Sitz in Brooklyn. Nun will die Religionsgemeinschaft New York verlassen und bietet Gebäude und Grundstücke zum Verkauf an.

New York - Zum Verkauf steht ein Filetstück im New Yorker Stadtteil Brooklyn: Die Zeugen Jehovas trennen sich von ihrem Zentrum und angrenzenden Gebäuden. Rund eine Milliarden Dollar kann die Religionsgemeinschaft nach Schätzungen von Immobilienexperten erlösen. Wahrscheinlich verschwindet damit auch der weithin sichtbare Schriftzug „Watchtower“, der für die Zeitung der Gruppe wirbt - auf Deutsch unter dem Namen „Wachturm“ bekannt.

Nach dem Umzug der Zeugen Jehovas nach Warwick, etwa eine Stunde nördlich von New York City, wird das Gebiet um die Brooklyn Bridge nicht mehr dasselbe sein. Hunderttausende Quadratmeter Fläche werden frei für Büros und Wohnungen in dem Trendviertel. „Es wird sich unglaublich viel verändern“, sagt Alexandria Sica, Geschäftsführerin der Unternehmensgruppe Dumbo Improvement District.

Der Sprecher der Religionsgemeinschaft, Richard Devine, erklärt, der Umzug werde die Organisation erleichtern. Der Gruppe gehörten einst 36 Immobilien in Brooklyn, bevor sie in Vorbereitung auf den Umzug mit dem Verkauf begann. Die Druckerei, in denen die Zeugen Jehovas ihre Bibeln und andere religiöse Schriften produzieren, wurde bereits 2004 von Brooklyn in die Ortschaft Wallkill verlegt.

Mehr als 68.000 Quadratmeter umfassendes Zentrum

„Weil wir als Organisation gewachsen sind, mussten wir verstreute Immobilien kaufen, wann immer wir die Gelegenheit dazu bekamen“, sagt Devine. „Ein so großer und zersplitterter Campus ist nicht einfach zu verwalten und zu erhalten. “

Die Religionsgemeinschaft kaufte ihr mehr als 68.000 Quadratmeter umfassendes Zentrum 1969 dem Pharmaunternehmen Squibb Pharmaceuticals ab - für drei Millionen Dollar. Das Zentrum kam in diesem Monat auf den Markt, gemeinsam mit einem nahe gelegenen Wohnhaus und einem mehr als 12.000 Quadratmeter großen Grundstück. Trotz des prominenten „Watchtower“-Zeichens steht das Gebäude nicht unter Denkmalschutz, der neue Eigentümer muss also nicht mit Einschränkungen beim Umbau rechnen.

Die Zeugen Jehovas haben keinen Verkaufspreis genannt. Tucker Reed, Präsident der Downtown Brooklyn Partnership, nannte jedoch eine Milliarde Dollar „eine konservative Schätzung“ für das Portfolio. Eine Immobiliengesellschaft zahlte im Jahr 2013 für einen Gebäudekomplex der Religionsgemeinschaft mit 130.000 Quadratmetern 375 Millionen Dollar und wandelt diesen derzeit in ein Technologie-Zentrum um.

In New York Hotels und andere Immobilien gekauft

Im Norden des US-Staates New York kauften die Zeugen Jehovas in Vorbereitung auf ihren Umzug bereits Hotels und andere Immobilien, um dort Freiwillige unterzubringen, die das neue Zentrum der Gruppe bauen. Die Zeugen Jehovas haben nach eigenen Angaben weltweit mehr als acht Millionen aktive Mitglieder, elf Millionen weitere nehmen an den Zusammenkünften teil. Die Mitglieder sind aufgefordert, von Tür zu Tür zu gehen und ihre Botschaft zu verbreiten, sie dürfen nicht wählen, keine Bluttransfusionen erhalten und nicht bei den Streitkräfte dienen.

Die Organisation hat ihren Sitz seit 1908 in Brooklyn. Mitglieder der Zeugen Jehovas bieten Führungen durch das Weltzentrum an. Rund 100.000 Besucher kämen jedes Jahr, sagt Sprecher Devine. In Warwick sollen es dann noch mehr sein, wenn die Einrichtung dort im Jahr 2017 eröffnet. „Um ehrlich zu sein, finden viele Menschen New York City ziemlich beängstigend.“

Immobilienexpertin Sica freut sich auf den Umzug der Religionsgemeinschaft. Das Gelände der Kirche mache mit seinen umzäunten Parkplätzen und abweisenden Fassaden nicht gerade einen einladenden Eindruck. „Alles wirkt so abgesperrt“, sagt sie. „Man bekommt das Gefühl, dass dieser Ort nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist.“

Sica und auch Reed betonen, die Zeugen Jehovas müssten vor ihrem Wegzug noch ihr Versprechen einhalten, einen Park in der Nachbarschaft zu erneuern. Diese Zusage hatte die Organisation im Austausch für planungsrechtliche Zugeständnisse gemacht. Devine erklärt, die Zeugen wollten zu ihrer Verpflichtung stehen, „entweder durch unsere Bemühungen oder durch die Bemühungen des neuen Eigentümers. Dazu stehen wir.“