The Hooters wurden 1980 in Philadelphia gegründet. Foto: Weingand / STZN

Mit The Hooters, Uriah Heep und Magnum standen bei der Classic Rock Night insgesamt 130 Jahre Musikgeschichte auf der Bühne – die alten Herren zeigten sich erstaunlich fit.

Winterbach - Wenn The Hooters, Uriah Heep und Magnum an einem Abend nacheinander spielen, stehen insgesamt 130 Jahre Musikgeschichte auf der Bühne. Da sind die Zombies Pflichtprogramm – gemeint ist natürlich der Hooters-Song „All You Zombies“, auf den die rund 2000 Zuschauer des Winterbacher Zeltspektakels am Sonntagabend nicht lange warten mussten. Die alten Herren aus den drei Bands zeigen sich musikalisch absolut fit.

Natürlich ist die Zeit besonders an den beiden Hardrock-Bands Magnum und Uriah Heep nicht spurlos vorüber gegangen. Die Mähne von Magnum-Frontmann Bob Catley, die er genüsslich im Wind eines Ventilators wehen lässt, hat sich seit den besten Zeiten der britischen Hardrock-Band sichtbar gelichtet. Doch stimmlich war er in guter Form, auch von seinen Begleitern, allen voran Gitarrist und Gründungsmitglied Tony Clarkin, gibt es keine – bei anderen Altstars oft üblichen – schiefen Töne zu hören.

Uriah Heep zu Unrecht auf Lady in Black reduziert

Beim Auftritt von Uriah Heep herrscht dagegen nach dem zweiten Song erst einmal Stille: Phil Lanzons Keyboard ist kaputt. Doch der Sänger Bernie Shaw lässt sich seine blendende Laune nicht verderben: „Kannst zu pfeifen?“, flachst Shaw in Richtung von Lanzon. Die Technikpanne ist kein Problem: Gitarrist Mick Box und Drummer Russell Gilbrook springen ein, starten einen Jam und überbrücken die Zeit. Ersterer ist erst seit 2007 dabei, beeindruckt aber mit einer kraftvollen Performance und Bühnenpräsenz – letzterer ist das einzige verbliebene Gründungsmitglied.

Wobei das bei einer Bandgeschichte, die 1969 begann, ziemlich relativ ist: Sänger Shaw und Keyboarder Lanzon etwa sind seit 1986 bei Uriah Heep an Bord. Alle zusammen beweisen sie, dass die Band zu Unrecht oft auf „Lady in Black“ reduziert wird. Zwar strömen bei den ersten Takten des fast zum Schluss des Sets gespielten Gitarrenanfänger-Hits noch einmal einige Zuhörer vom Biergarten ins Zelt, doch Uriah Heep haben wesentlich mehr (und mindestens ebenso gute) livetaugliche Songs geschrieben. Bei „Easy Livin’“ bebt der Zeltboden im wahrsten Wortsinn.

Die Hooters spielen Folk-Rock-Reggae – wenn’s sein muss, mit Blockflöte

Eine ganze Portion weniger Bombast im Sound – und ein Jahrzehnt weniger Erfahrung auf dem Buckel – haben die Hooters. 1980 in Pennsylvania gegründet, zeichnen sie sich nicht nur durch ihren absolut eigenständigen Folk-Rock-Reggae-Stil aus, sondern auch durch enorme Spielfreude, ansteckende gute Laune und riesige Begabung.

Die Multi-Instrumentalisten um die Frontleute Eric Bazilian und Rob Hyman haben es nicht nötig, Klischees zu erfüllen. Gitarrist John Lilley mag zwar mit seinem Haarschnitt auf den ersten Blick aussehen wie ein Marines-Sergeant, doch wie die anderen Hooters hat er es nicht nötig, den harten Mann zu markieren. Sie stellen sich ganz selbstverständlich mit Akkordeon, Melodica oder Mandoline auf die Bühne. Es gibt ein Instrumental-Battle zu hören (Mundharmonika versus Gitarre) und zum Schluss greift Eric Bazilian gar zur Blockflöte. Die ist nämlich für das Intro von „Johnny B.“ unentbehrlich. Rock N’ Roll mit Blockflöte – klingt zwar erst einmal komisch, ist aber klasse.

Die Classic Rock Night hätte mehr als 2000 Zuhörer verdient gehabt. „Die Lineup-Wechsel waren sicher nicht gerade zuträglich“, meint Spektakel-Organisator Steffen Clauss. Er hatte Glück, drei Bands anbieten zu können: Nachdem Kansas ihre Tournee wegen einer Reisewarnung der US-Regierung abgesagt hatten, wurden sie durch die Hooters ersetzt. In letzter Minute hatten auch die Black Star Riders abgesagt – „deren Agent hat uns Magnum als Ersatz auf dem Silbertablett angeboten“, verrät Clauss.

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.zeltspektakel-winter-hooters-haben-keine-angst-vor-europa.df52ccdc-cdbd-4b19-b78a-e4d4f376d193.html