Jan Josef Liefers und Julia Koschitz in „Gefangen – Der Fall K.“ Foto: ZDF

Jan Josef Liefers spielt im ZDF-Film „Gefangen – Der Fall K.“ einen Mann, der zu Unrecht in der Psychiatrie saß. Was hat das mit dem realen Fall des Gustl Mollath zu tun?

Mainz - Dieses Bild aus dem Sommer vor fünf Jahren hat sich ins Gedächtnis eingebrannt: ein Mann jenseits der Fünfzig, der Clark-Gable-Schnauz akkurat gestutzt, der Blick Leid erahnend, verlässt in Begleitung von Freunden die Psychiatrische Klinik in Bayreuth. In den Armen hält er einen Topf mit Pflanzen. Dem Reporterpulk wirft er zu, er habe noch keine Zeit zum Nachdenken über das Vergangene gehabt, er müsse zunächst Wichtigeres tun: „Ich habe nicht einmal einen Ausweis.“ Dann kehrt er zurück in die Freiheit.

Sieben Jahre war dieser Gustl Mollath wegen vermuteter Gemeingefährlichkeit festgehalten worden, gegen seinen Willen und, wie sich herausstellte, zu Unrecht. Er selbst sieht sich als Opfer eines Komplotts seiner früheren Ehefrau und der Justiz, weil er Schwarzgeldgeschäfte in Millionenhöhe aufgedeckt habe. Der Fall bewegte die deutsche Justiz, die Politik und die Medienöffentlichkeit, auch weil Mollath es Unterstützern mit seinem ambivalenten Verhalten – er soll seine Frau misshandelt haben – nicht leicht machte. Nun hat die Kölner Produktionsfirma Zeitsprungin der Regie von Hans Steinbichler und nach einer literarischen Vorlage von Henriette Piper seinen Fall für Arte und ZDF fiktionalisiert. Oder etwa nicht?

Der Produzent Michael Souvignier fasst auch heikle Stoffe gerne an

Der Produzent, Michael Souvignier, windet sich, als man ihn auf die so offensichtlichen Parallelen zum realen Fall Gustl Mollath anspricht: „Man könnte auf die Idee kommen, dass das ein Film über ein Schicksal ist, das in den Medien sehr prominent verfolgt wurde. Tatsächlich beruht ,Gefangen – Der Fall K.‘ auf wahren Begebenheiten gleich mehrerer Schicksale.“ Und dann erzählt Souvignier von den Frankfurter Steuerfahndern Wehrheim und Schmenger, auf die er aufmerksam wurde, weil ihnen ähnlich wie Mollath per Falschgutachten Paranoia attestiert worden war. Die beiden sind mittlerweile rehabilitiert und helfen anderen Opfern, so auch Mollath. Im Film schaut Wastl Kronach, wie die Hauptfigur heißt, einen TV-Beitrag über Wehrheim und Schmenger. „Ohne sie“, ist sich Souvignier sicher, „säße Mollath noch immer da, wo er sieben Jahre lang war. Das ist der Bogen, den wir im Film spannen.“

Um mögliche juristische Scharmützel zu vermeiden, sind alle handelnden Personen in „Der Fall K.“ verfremdet. Die Erleichterung darüber, dass die Erstausstrahlung auf Arte im Februar ohne Probleme und mit beachtlichen 1,3 Millionen Zuschauern über die Bühne ging, ist dem Produzenten anzumerken. Dabei ist Souvignier nicht dafür bekannt, ängstlich zu sein. Um die Ausstrahlung des Zweiteilers „Contergan“ (2007) durchzubringen, stritt er sich bis vors Bundesverfassungsgericht. Den Kampf mit Goliath – in jenem Fall der Hersteller desPräparats, welches Missbildungen von Kindern verursachte– scheut er nicht. „Ich finde den deutschen Staat fabelhaft“, sagt er, „aber manchmal habe ich das Gefühl, wir leben in einer Bananenrepublik. Darüber mache ich Filme: über juristisch und gesellschaftlich skandalöse Vorfälle, die man sich als Zuschauer gar nicht vorstellen kann.“

Was ihm passiert sei, sagt Wastl, „kann jedem passieren“

Jan Josef Liefers, der „Tatort“-Star, hilft, sich in das Unvorstellbare besser einzufinden. Er gibt Wastl Kronach, der Hauptfilmfigur, ein Gesicht. Es ist ein von wilder Entschlossenheit bis zu blasierter Selbstherrlichkeit geprägtes Gesicht, das an Liefers’ Paraderolle Professor Börne im „Tatort“ erinnert.

Doch zu Beginn zeigt der Film erst einmal große Liebe. Wastl und seine Ehefrau Elke (Julia Koschitz) pesen in den frühen Achtzigern im Porsche über die Alpen. Es geht ihnen finanziell gut, weil Elke bei einer Bank gut verdient. Als er herausfindet, dass sie Schwarzgeld eines Waffenhändlers in die Schweiz transferiert und mit allerhand anderen Amigos zu schaffen hat, spioniert er ihr nach, schwärzt sie sogar an. Die Ehe geht in die Brüche, und Wastl, der Querulant oder, wie Souvignier sagt, der „Dickkopf“, der sich „nicht wahnsinnig kooperativ verhält“, wird weggesperrt, nachdem ihn Elke wegen Misshandlung (die nicht gezeigt wird) angezeigt hat.

Warnend endet der Film: Das, was ihm passiert sei, „kann jedem passieren“, spricht Wastl Kronach in die Video-Kamera in seiner Zelle. „Meine Person ist ausradiert. Es ist, als hätte ich nie gelebt.“ Dann nimmt er das Apfelbäumchen, das er hinter Gittern hochgezüchtet hat, und verlässt die Klinik.

Ausstrahlung: ZDF, 10. September 2018, 20.15 Uhr