Ein Zahnarzt hat sich vor Gericht mit Erfolg gegen Verunglimpfungen gewehrt. Foto: dpa-Zentralbild

Mit gefälschten schlechten Bewertungen ist einem Zahnarzt aus dem Rems-Murr-Kreis übel mitgespielt worden. Vor dem Oberlandesgericht konnte er sich nun erfolgreich gegen den mutmaßlichen Urheber wehren.

Winnenden - In der ersten Instanz vor dem Stuttgarter Landgericht konnte sich der Zahnarzt aus dem Raum Winnenden nicht gegen seinen Kollegen durchsetzen, den er in Verdacht hat, ihn im Internet verunglimpft zu haben. Die einstweilige Verfügung, die er dort beantragt hatte, wurde nicht erlassen. Danach sollte dem anderen Zahnarzt, der ebenfalls im Rems-Murr-Kreis seine Praxis hat, untersagt werden, weiterhin falsche „Rezensionen“ über die Arbeit des Klägers zu posten. Im zweiten Anlauf vor dem Oberlandesgericht Stuttgart hatte er nun Erfolg.

Fake-Bewertungen auf Google, Jameda und Sanego

In der Berufungsverhandlung am Mittwoch fand der Vorsitzende Richter des 4. Zivilsenats deutliche Worte, als er die Überlegungen zu dem Fall schilderte. Die Summe einer ganzen Reihe von Indizien weise darauf hin, dass sich der Beklagte auf mehreren Internetseiten wie Google, Jameda oder Sanego als Patient des Klägers ausgegeben und seine Arbeit mit schlechten Bewertungen versehen habe.

Wie hoch der Schaden für die Praxis dadurch ausfiel, könne man nicht sagen, so der Kläger. „Man geht davon aus, dass sich rund 40 Prozent der Patienten vor der Wahl eines Arztes im Internet umsehen“, sagte der Dentist, der nach der Sitzung sichtlich erleichtert wirkte. „Das erste Urteil des Landgerichts hatte mich ziemlich fertig gemacht.“

In der Zeit um Weihnachten 2017 waren erstmals vermehrt schlechte Bewertungen über die Praxis des Klägers aufgetaucht. Da alle anonym oder unter Pseudonym verfasst waren, konnte er zunächst nicht herausfinden, was dahinter steckte. „Meiner Frau ist dann aufgefallen, dass in diesen Bewertungen immer wieder dieselben Fehler auftauchten.“ Die erste Spur war gefunden, doch die Suche dauerte noch einige Zeit, bis der Verdacht auf den anderen Zahnarzt fiel.

Dieser erzielt auf einem der Portale praktisch nur Bestnoten. Doch auch hier soll es sich um Fake-Bewertungen handeln. Was auffällt: es werden einige Redewendungen oft wiederholt, die Patienten feiern den Arzt und seine Praxis nahezu hymnisch. Es werden ausnahmslos Höchstnoten vergeben. Anders hingegen beim Kläger, dem Verfasser namens „VfB-Fan 2000“, „Dreamgirl“ oder „Thomas S.“ niederschmetternde Kommentare hinterließen und insbesondere Privatversicherte vor dessen Praxis warnten.

Wiederholte Schreibfehler als Indizien

Der so Verunglimpfte wandte sich an einen Anwalt und ließ von einem renommierten forensischen Linguisten ein Sprachgutachten anfertigen. Dieses sei zwar kein neutrales Gutachten, so die Richter, allerdings sei es fundiert und sehr detailreich. Unter anderem werden darin markante wiederkehrende Fehler verzeichnet. Beispielsweise, dass in Texten Leerzeichen nicht nach, sondern vor einem Komma gesetzt werden .

Der Vorsitzende Richter schlug dem Beklagten und dessen Anwalt vor, sich doch noch einmal zu beraten, wie sie weiter verfahren wollten. „Ihr Mandant hat ja wohlweislich auf eine eidesstattliche Erklärung verzichtet, nicht der Urheber zu sein. Das wäre eine Straftat, wenn es nicht stimmt“, so der Vorsitzende Richter.

Trotz dieser deutlichen Worte brauchte es dann noch eine zweite Beratungspause, ehe der Beklagte nachgab. „Mein Mandant besteht aber darauf, nicht der Verfasser der Bewertungen gewesen zu sein“, sagte sein Anwalt. Der Zahnarzt stimmte schließlich der einstweiligen Verfügung zu, in Zukunft keine falschen Bewertungen mehr über den anderen abzugeben – was er kurioserweise bisher noch nie gemacht haben will.