In Schweden nehmen auch viele Restaurants kein Bargeld mehr an. Foto: dpa/Lennart Simonsson

In Schweden und Norwegen spielt Bargeld fast keine Rolle mehr. Experten haben für März 2023 mit dem faktischen Verschwinden der schwedischen Krone gerechnet. Was daraus geworden ist.

Am 24. März ist Schluss mit Bargeld in Schweden. Das war zumindest im Herbst 2018 die Prognose, die die Königliche Technische Hochschule und die Copenhagen Business School errechnet hatte. Am 24. März, so sagten die Forscher damals, würden Münzen und Geldscheine zwar nicht abgeschafft sein, aber irrelevant, weil kein Händler sie mehr akzeptieren würde. Und wer schon einmal in Schweden im Urlaub war, weiß, dass das nicht unplausibel ist: Selbst die Bude am Strand oder die Verkäuferin auf dem Flohmarkt akzeptiert selbstverständlich Kartenzahlungen, und sogar in Kirchen kann man seine Spende per Karte und Pin einwerfen – Bargeld vermisst nur, wer im Supermarkt einen Einkaufswagen aus der Halterung lösen will.

Nächste Woche hätte es also soweit sein sollen, aber gekommen ist es anders: Die Euphorie der Schweden fürs bargeldlose Bezahlen hat durch den Ukraine-Krieg einen Dämpfer erhalten. Wie der Chef der Schwedischen Reichsbank, Erik Thedèen, am Dienstag bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des schwedischen Parlamentes sagte, hat die schwedische Notenbank nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine einen vorübergehenden Anstieg der Bargeldnachfrage festgestellt.

„Es liegt auf der Hand, dass die Nachfrage nach Bargeld in Krisenzeiten steigt“, sagte Thedèen, „aber wenn Bargeld in einer Krise verwendet werden kann, kann es auch in normalen Zeiten verwendet werden.“ Von der Notenbank aus nämlich ist keine Abschaffung geplant und war es auch nie: „Wir sind der Meinung, dass es immer möglich sein muss, zumindest die wichtigsten Waren und Dienstleistungen mit Bargeld zu kaufen.“

Die Krisenzeit hat dem Bargeld wieder etwas Aufschwung verliehen

Angesichts der Energiekrise und des Einmarsches Russlands in die Ukraine hatte das schwedische Amt für Zivilschutz und Krisenbereitschaft (MSB) im vergangenen Jahr öffentlich dazu aufgerufen, eine Bargeldreserve „in kleiner Stückelung“ zuhause aufzubewahren. Die Argumente: Bargeld sei das einzige Zahlungsmittel, das jedem zugänglich und ohne eine spezielle Technologie wie Apps, Zahlungskarten oder elektronische Ausweise nutzbar sei. Zudem sei sein Wert vom Staat garantiert. Zur Bebilderung des dazugehörigen Internetartikels dienen Hände, die im Schein einer Campinglaterne Geldscheine sortieren.

Treiber des Trends, Bargeld abzuschaffen, waren und sind in Schweden vor allem Kunden, aber auch Banken und Gewerkschaften. Letztere sehen in der Abschaffung von Bargeld nicht zuletzt eine Möglichkeit, Raubüberfälle zu reduzieren. Und für die Kunden selbst ist das bargeldlose Zahlen in Schweden schon lange sehr bequem. Während im Jahr 2010 noch 39 Prozent der Befragten in einer Umfrage der Riksbank angaben, beim letzten Einkauf mit Bargeld bezahlt zu haben, waren es 2018 nur noch 13 Prozent. In Deutschland wurden 2021 noch 58 Prozent der Transaktionen mit Scheinen oder Münzen getätigt.

Flügel hat der schwedischen Entwicklung nicht zuletzt die bereits 2012 von einer breiten Bankenallianz eingeführte Zahlungslösung Swish verliehen – noch bevor die Bezahldienste Google Play oder Apple Play eine Rolle spielten. Per Handy-App schickt der Nutzer Geld in Echtzeit an die Swish-Nummer des Verkäufers. Schon 2017 nutzten 60 Prozent der Schweden die App, 2022 waren es acht von gut zehn Millionen Schweden. Urlauber können die App in der Regel übrigens nicht nutzen, weil dazu ein schwedisches Konto und eine schwedische Mobilfunknummer nötig sind. Aber gängige EC-Karten sind kein Problem.