Die Yoga-Lehrerin Sigrun Bräuninger wird bald keine Kurse mehr unter dem Dach des TSV Schmiden geben. Foto: Eva Herschmann

Nach mehr als 30 Jahren beendet Sigrun Bräuninger ihre Tätigkeit als Übungsleiterin beim TSV Schmiden. Die 61-Jährige will sich in der Zukunft mehr um ihre wachsende Enkelschar kümmern.

Schmiden - Sigrun Bräuninger sitzt in Yoga-Haltung im großen Raum des „Entspannungszentrums Einklang“ im Sportforum des TSV Schmiden. Hinter ihr lächelt Buddha in seiner steinernen Inkarnation von seinem Podest. Auch Sigrun Bräuninger lächelt, obwohl ihr nicht wirklich danach zumute ist. Es ist voraussichtlich das letzte Mal, dass sie an diesem Platz sitzt.

Von Haus aus ist Sigrun Bräuninger Berufsschullehrerin

Nach mehr als 30 Jahren hört Sigrun Bräuninger als Übungsleiterin beim TSV Schmiden auf. „Ich will mich mehr um meine Enkel kümmern“, sagt die 61-Jährige. Das ist nur die halbe Wahrheit. Seitdem für die Yoga-Kurse nicht nur der normale Vereinsbeitrag bezahlt werden muss, sondern zusätzlich ein Obolus an das „Einklang“, sind die Teilnehmerzahlen drastisch gesunken. „Wegen den doppelten Gebühren springen leider viele ab“, sagt Sigrun Bräuninger.

Von Haus aus ist Sigrun Bräuninger Berufsschullehrerin, aber sie ist seit 26 Jahren für den Deutschen Turner-Bund und den Schwäbischen Turnerbund im Aus- und Fortbildungsbereich tätig. Sie leitet Kurse zum Kursleiter und Yoga-Lehrer und gibt Fortbildungen in vielen Bereichen. Neun ihrer Wochenenden im Jahr sind für Ausbildungslehrgänge in Bartholomä reserviert. „Das werde ich weiterhin tun“, sagt Sigrun Bräuninger, die alle nur Sigi nennen.

Drei Jahre später, 1989, machte sie ihre Ausbildung als Yoga-Lehrerin

Der Abschied vom TSV Schmiden steht derweil fest, zu dem die Odenwälderin als Vertretung für die Übungsleiterin in der Skigymnastik in die Schmidener Skiabteilung gekommen war – und zunächst bei der Frauengymnastik hängenblieb. „Das muss wohl 1986 gewesen sein“, sagt Sigrun Bräuninger. Drei Jahre später, 1989, machte sie ihre Ausbildung als Yoga-Lehrerin und führte als erste ein Kurssystem beim TSV Schmiden ein. „Anders als in den Abteilungen gibt es beim Kurssystem keine ständigen Wechsel in der Gruppe, und wir können konzentriert arbeiten“, sagt sie. Mit drei ausgebuchten Kursen – und langen Wartelisten – hat Sigrun Bräuninger im Untergeschoss im Vereinsheim Stadio angefangen. „Ich hatte meistens immer 60 Schüler“, sagt Sigrun Bräuninger. Zuletzt waren es drei Kurse mit allerdings nur noch 24 Teilnehmern. „Die Zahl ist seit der Eröffnung des Entspannungszentrums im TSV-Forum sehr stark gesunken“, sagt die Yoga-Lehrerin.

Und wie ihre Lehrer legt sie Wert auf Ordnung und Pünktlichkeit

Sigrun Bräuninger praktiziert ein modernes Hatha-Yoga, das auf Tirumalai Krishnamacharya zurückgeht, einem indischen Yoga-Lehrer und ayurvedischen Gelehrten, der von 1888 bis 1989 lebte. Tirumalai Krishnamacharya, der ein hoch geschätzter Gelehrter war, mit Abschlüssen in Philosophie, Logik, Theologie, Philologie und Musik, war der erste Yoga-Lehrer, der einen Westler und eine Frau unterrichtete und damit den Widerstand der Traditionalisten seiner Zeit weckte. Er entwickelte das Viny-Yoga, ein therapeutisches Yoga mit einer ruhigen, in sich gekehrten und eher unspektakulären Art des Übens.

„Sein Yoga ist keine Religion, sondern eine Lebensphilosophie, man muss dafür nicht auf Zigaretten, Kaffee, Alkohol oder Fleisch verzichten“, sagt Sigrun Bräuninger, die TKV Desikachar, den mittlerweile verstorbenen Sohn von Krishnamacharya, kannte und mit dessen Enkel Kaustub Desikachar eine Whatsapp-Gruppe hat. Und wie ihre Lehrer legt sie Wert auf Ordnung und Pünktlichkeit. „Wenn die Stunde beginnt, wird die Tür abgeschlossen“, sagt die Yoga-Lehrerin.

Bald hat Sigrun Bräuninger mehr Zeit für ihre beiden Enkel

Sigrun Bräuninger hat den ersten Yoga-Natur-Pfad in Deutschland entwickelt. Im Schwarzwaldstädtchen Lauterbach hat sie im Jahr 2012 in Kooperation mit der Gemeindeverwaltung auf einer Strecke von einem Kilometer acht Stationen eingerichtet, an denen verschiedene Yoga-Übungen vorgestellt werden. Ein Höhepunkt als Yoga-Lehrerin war ein gemeinsames Projekt des Schwäbischen Turnerbunds, der Landesärztekammer und des Südwestrundfunks. Ein halbes Jahr lang machten die Teilnehmer unter ihrer Anleitung Yoga, und das Fernsehen begleitete Sigrun Bräuninger und ihre Schüler mit der Kamera. „Einer hat in der Zeit 14 Kilogramm abgenommen, und ein Ehepaar, beide um die 80 Jahre, hatte sich das Ziel gesetzt, wie früher wandern zu gehen, und das konnten sie nach den sechs Monaten wieder. Außerdem waren wir regelmäßig in der Leute-Sendung zu Gast.“

Bald hat Sigrun Bräuninger mehr Zeit für ihre beiden Enkel, den dreieinhalbjährigen Luis und die kleine Johanna, eineinhalb Jahre alt – und das dritte Enkelkind, das im Dezember erwartet wird. „Ich bin eine begeisterte Oma“, sagt sie. Deshalb habe sie auch das Angebot des TSV Schmiden abgelehnt, die Leitung des Entspannungszentrums zu übernehmen, erzählt Sigrun Bräuninger und lächelt im Einklang mit Buddha.