Das Birkacher Feld ist Naherholungsgebiet und landwirtschaftlich genutzte Fläche. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Gruppe Filderpark wehrt sich gegen eine Bebauung der Freifläche. Sie hat an den Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn und die Vorsitzenden im Gemeinderat geschrieben. Und sie macht einen Gegenvorschlag.

Birkach - In Stuttgart ist Wohnraum ebenso knapp wie Frischluft. Darum sollen und müssen neue Wohnungen gebaut werden, allerdings vorwiegend, indem im Innenbereich weiter verdichtet wird, und ohne neue Flächen zu versiegeln. Baugebiete, die diesem Ansatz entsprechen, sind rar. Doch das Bauen auf Äckern oder in Erholungsgebieten ist umstritten. In drei Szenarien skizzierte die Verwaltung vor Kurzem, wo neue Wohnungen entstehen könnten. In der Präsentation tauchten auch Gebiete auf der Filderebene auf, die eigentlich schon längst vom Tisch waren.

Allen voran das Birkacher Feld. Das Gebiet ist 65 Hektar groß. Nach Einschätzung der Verwaltung könnten dort etwa 3600 Wohnungen entstehen. Würde man nur den östlichen Rand bebauen, wäre das ein 9,6 Hektar großer Streifen, auf dem für bis zu 530 Wohnungen Platz wäre. Sowohl der Bezirksbeirat als auch große Teile der Bevölkerung hatten sich in der Vergangenheit vehement gegen eine Versiegelung der Fläche ausgesprochen. „Das Birkacher Feld ist Naherholungsgebiet, Frischluftschneise und landwirtschaftlich genutztes Gebiet“, schrieb der Bezirksbeirat Gerhard Hütter vor Kurzem in einer E-Mail an die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel. Er forderte einen Bericht über die aktuell wieder zur Debatte stehenden Baugebiete.

Eine explosionsartige Aufsiedlung würde die Infrastruktur überfordern

Nun meldet sich die Gruppe Filderpark zu Wort, die zur Lokalen Agenda Plieningen-Birkach gehört. Sie verfolgt schon seit Jahren das Ziel, „die Bebauung im Rahmen zu halten und bestimmte Punkte auszusparen“, sagt die Sprecherin Inge Momm. Sie und ihre Mitstreiter haben Oberbürgermeister Fritz Kuhn und den Fraktionsvorsitzenden im Stuttgarter Gemeinderat geschrieben, um sich gegen eine Bebauung des Birkacher Feldes zu wehren. In dem Schreiben hebt die Gruppe hervor, dass eine Bebauung eine schlagartige Zunahme von etwa 11 000 Einwohnern bedeuten würde. „Eine solche explosionsartige Aufsiedlung würde die bisher schon vernachlässigte Infrastruktur in Plieningen und Birkach maßlos überfordern“, argumentiert die Gruppe Filderpark. Von Stadtplanung könne da keine Rede sein. Mit einer Bebauung des Birkacher Feldes würde „die Mitte der letzten zusammenhängenden Freiflächen im Süden Stuttgart zerstört“ werden.

Doch Wohnungsbau sei wichtig, das sei der Gruppe Filderpark durchaus bewusst. „Wir wollen uns nicht komplett dagegen stemmen“, sagt Inge Momm auf Nachfrage unserer Zeitung. Sie und ihre Mitstreiter machen in dem Brief an den OB und die Fraktionsvorsitzenden einen Gegenvorschlag: ein zusätzlicher Block entsprechend dem Asemwald, in dessen westlicher Richtung zwischen Asemwald und den Kelley-Barracks, parallel zur Ohnholdstraße. „Ein solcher Bau, klug konzipiert, wäre eine attraktive Alternative zum Bebauen des Birkacher Feldes“, findet die Gruppe Filderpark.

Nicht auch noch den letzten Quadratmeter überbauen

Inge Momm schätzt, dass auf diese Weise Wohnungen für etwa 1000 Menschen entstehen könnten. Sie selbst habe diese Idee schon seit vielen Jahren im Kopf. „Aber sie wurde noch nie öffentlich aufgegriffen“, sagt Inge Momm. Doch nun habe die US-Regierung angekündigt, die Zahl ihrer Truppen in Deutschland deutlich zu reduzieren. Davon betroffen wäre wohl auch Stuttgart. Dies könnte die Möglichkeit eröffnen, in der Nähe der Kelley-Barracks neu zu bauen. Bisher hätten die Amerikaner da wohl ein Veto eingelegt, sagt Inge Momm. „Unser Vorschlag ist ein Versuch, das Birkacher Feld zu retten“, sagt sie. Ob das angesichts der Wohnungsnot gelinge, sei derzeit offen. Doch für Inge Momm steht fest: „Man sollte nicht auch noch den letzten Quadratmeter überbauen.“ Denn gerade die Corona-Krise habe gezeigt, wie wichtig Freiflächen für die Naherholung der Stadtbevölkerung seien.