Besucher auf der Stuttgarter Immobilienmesse Foto: Lichtgut/Christian Hass

Wer sich eine Wohnung kaufen wollte, konnte sich bisher auf der Stuttgarter Immobilienmesse ein Bild vom Markt machen. Doch die Messe fällt in diesem Jahr aus. Der Grund: Es gibt kaum Wohnbauprojekte, die auf der Messe gezeigt werden könnten.

Stuttgart - Eigentlich hätte die Stuttgarter Immobilienmesse (STIM) am Wochenende vom 6. auf den 7. Oktober stattfinden sollen. Doch die Veranstaltung im Haus der Wirtschaft, auf der Bauträger bislang die neuen Wohnbauprojekte in Stuttgart und der Region vorgestellt haben, wurde abgesagt. Und der Grund für diese Absage der Messe löst nun heftige Kritik am Stuttgarter Rathaus und an OB Fritz Kuhn (Grüne) aus. Denn auf Anfrage unserer Zeitung heißt es: Dieses Jahr gebe es, nach Aussage der potenziellen Aussteller, keine Projekte, welche auf der Messe vorgestellt werden könne, so Projektmanagerin Stefani Simic vom Veranstalter ACM Medien GmbH. Experten werten die Absage nun als weiteres Zeichen für zu wenig Neubau und die überhitzte Marktlage in Stuttgart.

Der Markt ist leer gefegt. Die Ursache liegt darin, dass Baugrundstücke Mangelware sind“, kritisiert der Immobilienwissenschaftler Robert Göötz. Das wiederum habe seinen Ursprung in den dogmatischen Konzepten der Stadtverwaltung wie etwa dem strikten Vorrang der Innenentwicklung, so Göötz weiter. Damit ist gemeint, dass in der Stadt auf politischen Wunsch hin bislang keine neuen Baugebiete ausgewiesen werden.

„Den politischen Chefs im Rathaus sind teilweise die Ideen und Antworten auf die drängenden wohnungspolitischen Fragen ausgegangen. Ihre Rat- und Tatenlosigkeit zeigt sich nun auch in der Absage der Messe“, analysiert Göötz. Und: „Für mich seiht das nach politische Kapitulation aus.“ Denn, es scheine, als sei ausreichender Neubau von Teilen des Rathauses nicht ernsthaft gewollt, so der Wissenschaftler.

Weitere Kritik kommt vonseiten des Eigentümervereins Haus und Grund. „Der Neubau in Stuttgart geht gegen null“, sagt Geschäftsführer Ulrich Wecker. Für freie Bauunternehmen gebe es in der Stadt kaum mehr eine Chance zu arbeiten, so Wecker. Die einzigen, die noch bauen können, sind ein paar Genossenschaften, die von der Stadt Grundstücke bekommen.“ Doch klassische Bauträger brauche es ebenso wie kommunalen Wohnungsbau, um die Wohnungsnot zu lindern.

Stadt hat Eigentümer nicht im Fokus

Marc Bosch, der Vorstandschef des Verbands der Immobilienwirtschaft (IWS), sieht noch einen weiteren Grund, weshalb die Messe in diesem Jahr nicht stattfinden wird. „Die normalen Vermarktungswege reichen derzeit völlig aus, um Wohnungen zu verkaufen“, sagt er. Will heißen: Wenn neue Eigenheime auf den Markt kommen, werden sie den Anbietern förmlich aus der Hand gerissen. Eine Messe, die für die Anbieter auch mit Aufwand verbunden ist, braucht es in einer derart aufgeheizten Marktsituation nicht. Die Absage der Messe sei daher als Zeichen sowohl für geringen Neubau als auch für die angespannte Marktlage zu deuten, so Bosch.

Aus Sicht der Stadtverwaltung ist die Absage der Messe kein Problem. „Die Messe richtet sich an künftige Eigentümer, also an Personen und Familien, die bauen oder kaufen wollen“, erklärt die Sprecherin der Stadt Jana Steinbeck. Und weiter: „Die Stadt hat aber nicht darauf ihren Schwerpunkt, sondern auf dem geförderten Mietwohnungsbau.“ Und: „Unsere Projekte im geförderten Mietwohnungsbau, wie etwa Neckar Park, Bürgerhospital oder Olga-Areal, würden auf einer Messe wie dieser ja gar nicht gezeigt werden.“

Diese Aussage ruft auch im Gemeinderat großen Unmut hervor: „Ich sehe es als ein weiteres Zeichen der völlig ungenügenden Wohnungsbaupolitik des Oberbürgermeisters, dass es so wenig neuen Wohnraum als privates Eigentum in Stuttgart gibt, dass sich eine solche Veranstaltung nicht mehr lohnt“, kritisiert der Fraktionschef der CDU Alexander Kotz. Bei allen richtigen Anstrengungen für die Schaffung von gefördertem Wohnraum dürfe der Bau von neuen Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern nicht völlig wegfallen, so Alexander Kotz weiter.

Dass es in Stuttgart extrem wenig Verkäufe gibt, ergab auch eine Recherche unserer Zeitung. Demnach wurden in den ersten drei Quartalen dieses Jahres lediglich 63 neue Eigentumswohnungen verkauft. Nach Angaben der städtischen Immobiliengutachter ist dies ein absoluter Negativrekord.