Neubauten in der Pliensauvorstadt . . . Foto:  

Noch immer deckt der Wohnungsbau in der Region Stuttgart bei Weitem nicht die Zuwächse in der Bevölkerungsentwicklung. Doch der Regionalverband sieht erste Silberstreifen am Horizont.

Stuttgart - Die prekäre Wohnungssituationin der Region Stuttgart, vor allem in den größeren Städten, wird noch eine ganze Weile anhalten. Das geht aus dem ersten Bericht zum „Aktionsprogramm Wohnen“ des Verbands Region Stuttgart hervor. Darin wird festgestellt, dass „sowohl die Baugenehmigungen als auch die Baufertigstellungen trotz mancher Zuwächse der Bevölkerungsentwicklung weiterhin deutlich hinterherhinken“.

Zwar gebe es zeitliche Verzögerungen bei der statistischen Erfassung, dennoch lasse sich kein Trend zu einer Verbesserung ableiten. „Vom Planen über das Bauen bis zum Einziehen dauert es“, sagt der regionale Planungsdirektor Thomas Kiwitt. Die Projekte, über die heute debattiert werde, würden frühestens im Jahr 2020 fertig.

Aktionsprogramm Wohnen der Region

In dem Wohnungsbericht beschreibt der Regionalverband die Entwicklung und formuliert daraus die nötigen Aktivitäten im Rahmen seines „Aktionsprogramms Wohnen“. Allerdings kann der Verband nicht selbst bauen oder Baugelände ausweisen, er will aber „Städte und Gemeinden bei dieser Aufgabe unterstützen, Akteure sensibilisieren und Impulse geben“, sagt Planungsdirektor Kiwitt. Über seinen Regionalplan legt der Verband grob fest, wo gebaut werden darf, die konkrete Planung vor Ort ist aber Aufgabe der Kommunen.

Weil der Regionalverband zu den kommunalen Plänen gehört werden muss, hat er einen guten Überblick über das Baugeschehen. Bei den planerischen Maßnahmen stellt Kiwitt einen „ansteigenden Aktivitätslevel“ der Kommunen fest.

Momentan würden Areale, bei denen sich Schwierigkeiten mit einer Wohnbebauung ergeben, mit leichter zu mobilisierenden Flächen getauscht – so etwa in Winnenden, Kernen, Weinstadt und in Kuchen. Andere Städte würden zusätzliches Bauland ausweisen. Als Beispiele nennt der Verband Esslingen und die Gemeinden Bönnigheim, Erligheim und Kirchheim/Neckar. Dass dies nicht nur Begeisterung auslöst, ist in Esslingen zu besichtigen: Dort gibt es starke Proteste von Anwohnern gegen neue Wohnbauareale.

Zuwachsraten unter dem Landesschnitt

Diese Anstrengungen haben sich in der Statistik aber noch nicht niedergeschlagen. Danach hat die Zahl der Baugenehmigungen für Wohngebäude in der Region leicht zugenommen: von 2696 in 2015 auf 2820 in 2016, auf Wohneinheiten bezogen erhöhte sich die Zahl von 8660 auf 9675. Allerdings liegt diese rund elfprozentige Steigerung weit hinter den Zuwachsraten im Land (27,48 Prozent) und auch im Bund (19,81 Prozent).

Noch prekärer ist die Lage bei den Baufertigstellungen. Ihre Zahl ging regionsweit im Jahr 2016 gegenüber 2015 sowohl bei den Gebäuden von 2981 auf 2586 als auch bei den Wohnungen von 8702 auf 8136 zurück. Wie schwierig die Lage ist, macht aber der Blick auf die Bevölkerungsentwicklung deutlich. Die Wanderungssalden – also der Zuwachs der Bevölkerung in der Region Stuttgart – liegt seit Jahren deutlich über der Zahl der Baufertigstellungen und -genehmigungen. „Die Wohnbautätigkeit hinkt der Dynamik der Bevölkerungsentwicklung deutlich hinterher“, sagt Kiwitt. Dies werde noch verschärft durch die hohen Immobilienpreise. „Das stellt eine Hürde für die wirtschaftlich notwendige Zuwanderung dar.“ Wer aus anderen Teilen Deutschlands hierherzieht, erhält in der Region Stuttgart für das gleiche Geld meist deutlich weniger Wohnfläche als anderswo. Zudem weist die Region auf den steigenden Bedarf von Ein-Zimmer-Wohnungen hin.

In der Regionalplanung setzt Kiwitt weiter auf Wohnungsbauschwerpunkte an den Verkehrsachsen, vor allem der S-Bahn, und darauf, dass innerstädtische Flächen vor Gebieten am Ortsrand bebaut werden. Die Region werde stärker „Ermessensspielräume ausschöpfen, um Wohnungsbau zu ermöglichen“, sagt Kiwitt. Er appelliert aber auch an die Kommunen, „Vorbehalte gegen verdichteten Wohnungsbau abzubauen“. Mit Broschüren und Veranstaltungen will die Region für das Thema sensibilisieren, eine erste ist am 26. Juli.

Im Planungsausschuss zeigten sich die Regionalräte enttäuscht, dass noch keine Verbesserungen festzustellen sind. Sie unterstützen mehrheitlich den Kurs des Regionalverbands und beschlossen auf Antrag der Grünen, dass sozialer Wohnungsbau stärker in den Blick genommen wird.