Vor dieser Tiefgarage hat der 33-Jährige die Beamten mit dem Messer angegriffen und einen von ihnen schwer verletzt. Foto: 7aktuell/Reichert

Schwer verletzt worden ist ein Polizeibeamter am frühen Sonntagmorgen durch einen Messerangriff in einem Stuttgarter Wohngebiet. Die Streifenbeamten schossen auf den Angreifer. Dieser schwebt nach Notoperation in Lebensgefahr.

Stuttgart - Zu einem folgenschweren Zwischenfall ist es am frühen Sonntagmorgen in Bad Cannstatt gekommen. Im Wohngebiet Birkenäcker wurden Streifenbeamte offenbar in eine Falle gelockt. Dort griff ein 33-jähriger Mann einen der Beamten mit einem Messer an und verletzte ihn schwer. Die Beamten wehrten sich mit Schusswaffen. Dabei wurde der 33-jährige Angreifer von den Polizeikugeln schwer verletzt und schwebt nach einer Notoperation in Lebensgefahr. Auch der 25-jährige Streifenbeamte musste operiert werden.

Die Erwin-Hageloh-Straße ist ein Idyll – ein Neubaugebiet mit Photovoltaik-Platten auf den Dächern, Familienkutschen vor den Vorgärten. Die Blutlache vor einer Tiefgarage, die noch zu sehen ist, will hier gar nicht ins Bild passen: Hier ist es am frühen Sonntagmorgen gegen 5 Uhr zu der Auseinandersetzung zwischen dem 33-jährigen Anwohner und der Polizei gekommen. Laut Zeugen feuerten die Ordnungshüter zwei Schüsse ab, die den 33-Jährigen lebensgefährlich verletzten.

Ein Anrufer meldet „zischendes Geräusch“ in einer Tiefgarage

Gegen 5 Uhr am Sonntagmorgen war bei der Polizei der Anruf eingegangen, dass in einer Tiefgarage an der Erwin-Hageloh-Straße verdächtige Geräusche zu hören seien. Die Rede sei von einem „zischenden Geräusch“ gewesen, sagte Polizeisprecher Michael Schossig unserer Zeitung. „Das hätte Gas sein können“, so der Polizeisprecher. Also fuhren zwei Streifenbeamte an die angegebene Adresse, um nachzuschauen.

Dort habe der Anrufer bereits auf der Straße auf die Beamten gewartet. Plötzlich habe dieser ein Messer gezogen und damit einem der beiden Polizisten, einem 25-Jährigen, in den Hals gestochen. Daraufhin hätten sich beide Beamte durch Schüsse aus ihren Dienstwaffen gewehrt und den Angreifer mit mehreren Kugeln getroffen, so der Polizeisprecher.

Die Streifenbeamten haben nicht mit dem Angriff gerechnet

Der 33-Jährige ist wegen verschiedenster Delikte, darunter auch Körperverletzung, polizeibekannt. „Die Motivlage ist noch völlig unklar“, sagte Schossig. Ob bei dem Angriff Alkohol oder Drogen im Spiel waren, wisse man bisher nicht. „Die Kollegen haben nicht mit dem Angriff gerechnet – für uns war das zunächst ein ganz normaler Anrufer“, so Schossig. Die Streifenbeamten seien zwar alle mit Schutzwesten ausgerüstet, jedoch nicht am Hals. Mit dem Messerstecher habe man aufgrund seiner Verletzungen noch nicht sprechen können. Inzwischen ermittle die Staatsanwaltschaft wegen eines versuchten Tötungsdelikts gegen ihn. Die Kripo habe die Ermittlungen übernommen. Nach derzeitigem Ermittlungsstand sei die Abgabe der Schüsse durch die Beamten gerechtfertigt gewesen, so die Polizei.

In der Wohnsiedlung ist der Mann bekannt. Eine 54-jährige Anwohnerin, die von dem Krach aus dem Schlaf gerissen wurde, lebt seit einem Vierteljahrhundert in der Erwin-Hageloh-Straße und hat den mutmaßlichen Messerstecher von klein auf aufwachsen sehen. „Er hatte eine schwere Kindheit. Seine Mutter hatte Suchtprobleme und starb früh“, sagt sie. Auch der junge Mann soll einen starken Hang zum Alkohol entwickelt haben. „Er hat häufig nachts im Vollrausch herumgepöbelt und manchmal auch randaliert“, so die Frau weiter. In der Tatnacht habe sie schreckliche Angst gehabt, den Tatort meidet sie beim Sonntagsspaziergang. „Ich bin wirklich aufgewühlt“, sagt die Anwohnerin.

Ein 50-Jähriger, der den Vorfall beobachtet hat und den Angeschossenen vor der Garage liegen sah, verkraftet die Situation besser: „Das ist natürlich tragisch, was da passiert ist. Aber das war ein Einzelfall, sicher fühle ich mich hier nach wie vor.“

Polizeigewerkschaft fordert härtere Strafen bei Gewalt gegen Einsatzkräfte

Jetzt fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft härtere Strafen bei Gewaltanwendung an Einsatzkräften. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte im Juni angekündigt, sich für bessere Schutzmaßnahmen für Polizisten einzusetzen.