Sprachführer müssen mobil seien. Steckte man sie früher auf Reisen in die Hosentasche, finden sie heute auf dem Smartphone Platz. Das verändert auch die Branche. Foto: obs/PONS GmbH

Die Stuttgarter Klett-Gruppe, zu der auch der Pons-Verlag gehört, will mehrere Produktbereiche des Konkurrenten Langenscheidt übernehmen. Doch im Internet warten noch größere Herausforderungen.

Stuttgart - Die Konkurrenz von traditionsreichen Wörterbuch- und Sprachverlagen wie Pons und Langenscheidt ist im Internet nur einen Klick weit entfernt. Was heißt „Konkurrenz“ eigentlich auf Italienisch? Leo liefert kostenlos die Antwort. DeepL – vormals Linguee – bietet dazu Sätze im Kontext an. Und wer es besonders bequem mag, nutzt Googles Übersetzer – aus der beliebtesten Suchmaschine heraus. All das ist kostenlos und durch Werbung finanziert.

„Google macht allen am meisten zu schaffen – das ist im Internet bei den Wörterbüchern der größte Konkurrent“, sagt Gabriele Schmidt, Geschäftsführerin des Stuttgarter Pons-Verlags, bekannt durch seine grünen Einbände. Auch Pons bietet im Netz sein Wörterbuch kostenlos in vielen Sprachen an – seit 2008 ist man schon im Netz vertreten. Die werbefinanzierte Variante wurde im vergangenen Jahr 2,1 Milliarden Mal von durchschnittlich 10,5 Millionen Besuchern pro Monat geklickt. Für eine werbefreie Variante bezahlen wollen aber die allerwenigsten.

Dass die Kunden im Internet möglichst viel kostenlos erwarten, führte mit dazu, dass in den vergangenen 15 Jahren der Wörterbuchmarkt in Deutschland um 70 Prozent eingebrochen ist; 2018 wurden mit fremdsprachigen Wörterbüchern 13 Prozent weniger umgesetzt als noch im Vorjahr, berichtet das Branchenmagazin Buchreport. Branchenzahlen gibt es nicht – der Markt der zweisprachigen Wörterbücher ist mit den Haupt-Konkurrenten Pons, Langenscheidt und Cornelsen nicht nur übersichtlich, sondern der Umsatz auch vergleichsweise gering.

Verlage liefern die App zum Buch gleich mit

Und doch bewegt das Thema viele Menschen, auch weil viele mit den „Gelben“ von Langenscheidt oder den „Grünen“ von Pons gelernt haben. Auf die Schulen können die Verlage noch immer ihr Geschäft bauen. Im Unterricht und in den Klausuren werden sie noch immer gebraucht. Gerade bei Prüfungen sind in den meisten Bundesländern digitale Hilfen noch tabu. Für die Hausaufgaben wiederum liefern die Verlage die App zum Buch gleich mit und sorgen für Zuhause für Abwechslung. „Bis zu fünf Prozent pro Jahr“ gehe der Umsatz im Schulmarkt zurück, sagt Pons-Geschäftsführerin Schmidt. Trotzdem seien die Schulen damit immer noch „die verlässlichste Säule“ und machten einen „wesentlichen Teil des Umsatzes“ aus. Wie viel, das will sie nicht sagen.

Mit ihrer Tradition und dem Qualitätsversprechen haben Pons & Co. in den Schulen einen festen Stand und profitieren auch bei der Weiterbildung davon. Wie in den Volkshochschulen, wo die Kunden noch intensiv Sprachen lernen. „Ich glaube, es gibt ein großes Bewusstsein für Qualität“, sagt Christoph Pienkoß, Geschäftsführer des Verbands Bildungsmedien. „Ich sehe deshalb keinen Ausverkauf der Branche.“

Branchenexperten registrieren aber eine Konsolidierung des Marktes. Umsätze schwinden, die Verlage müssten in neue digitale Technologien investieren, heißt es. Wohl auch deshalb will die Stuttgarter Klett-Gruppe, zu der auch der Pons-Verlag gehört, die Produktbereiche des Konkurrenten Langenscheidt übernehmen. Ohnehin ist Klett seit Jahren im Bildungsmarkt auf Expansionskurs. Derzeit prüft das Bundeskartellamt die beabsichtigte Fusion, bei der es konkret um Wörterbücher für Deutsch und für Fremdsprachen sowie um Reisesprachführer und Selbstlernprodukte für Sprachen gehe, wie es auf der Internetseite heißt. Bis Ende des Monats werden die Wettbewerbshüter darüber entscheiden. Sicher ist eine Fusion nicht, denn Pons und Langenscheidt würden bei einem Zusammenschluss den Markt mit den Wörterbüchern beherrschen. Es könnte also sein, dass die beiden Unternehmen noch Zugeständnisse machen müssen, um das Bundeskartellamt zu überzeugen. Vier weitere Monate hätten sie dann Zeit.

Pons denk über bezahlpflichtige Zusatzleistungen nach

Ihre Motive für den Verkauf wollen weder die Klett-Gruppe noch Pons-Geschäftsführerin Schmidt kommentieren. Auch die eigenen Mitarbeiter hätten „jede Menge Fragen“ gestellt, die sie auch nicht beantwortet habe, sagt Schmidt. 75 Beschäftigte zählt der Verlag, etliche Stellen wurden in den vergangenen Jahren abgebaut. Im Gegenzug entstanden im digitalen Bereich neue Jobs, wenngleich weniger.

Und doch liegt gerade hier die Zukunft des Verlags. Die Verbraucher wollten heutzutage situationsbezogen und auch mobil Sprachen lernen und Wörter nachschlagen, sagt Schmidt. „Das setzt voraus, dass wir unsere Technologien weiterentwickeln.“ Pons denkt dabei an bezahlpflichtige Zusatzleistungen, wie Korrekturfunktionen zu Online-Übersetzungen. Dafür werde man auch mehr Künstliche Intelligenz einsetzen. „Heute müssen wir technisch mit Google konkurrieren – und beim kontextbezogenen Spracheinsatz noch besser sein.“