Viel Laufkundschaft, aber auch viel Hektik: Die Königstraße gilt bei manchen Beschickern als schwieriger Standort. Der Marktplatz wird aber voraussichtlich von 2020 bis 2022 Baustelle sein. Foto: /Achim Zweygarth

Der Stuttgarter Wochenmarkt verbleibt bis nach Weihnachten auf der Königstraße und Beschicker fürchten nun Umsatzeinbußen. Doch an den neuen Standort müssen sich wohl bald für längere Zeit gewöhnen.

S-Mitte - Der Stuttgarter Marktkunde scheint hartnäckig an lieb gewonnenen Gewohnheiten festzuhalten. Zumindest einige Marktbeschicker, die bereits seit einigen Wochen aufgrund des Weindorfs vom Marktplatz auf die Königstraße umziehen mussten, fühlen sich am neuen Standort von der Kundschaft links liegen gelassen.

Armin Zimmerle verkauft seit Jahrzehnten Regionales aus Weinstadt. Im Spätsommer bedeutet das vor allem frische Beeren. Dass er für die Dauer des Weindorfs und dann später im Jahr während des Weihnachtsmarkts seinen Standort auf dem Marktplatz verlassen muss, beschreibt er als jährliches Los der Stuttgarter Marktbeschicker. Doch das weindorfbedingte Exil auf der Stuttgarter Einkaufsmeile wird in diesem Jahr auf vier Monate ausgedehnt. Auf dem Marktplatz seien vorbereitende Arbeiten für die anstehende Umgestaltung des Platzes nötig, erklärt die Stadt. Die Marktbeschicker auf dem Schillermarkt können an Ort und Stelle bleiben. Zimmerle befürchtet nun eine finanzielle Durststrecke. Er schätzt, dass die Einbußen durch den neuen Standort ein Viertel des üblichen Umsatzes ausmachen könnten. Der Grund für den sinkenden Umsatz sei die Unlust der Stuttgarter, den Wochenmarkt auf der Königstraße als solchen anzunehmen, meint er. „Die Menschen sind auf der Königstraße deutlich länger unterwegs, um von einem Stand zum anderen zu laufen“, sagt Zimmerle.

Kunden kaufen lieber anderswo

Seiner Erfahrung kauften viele Kunden lieber anderswo ein, wenn der Wochenmarkt nicht an seinem angestammten Ort auf dem Marktplatz ist. Das könne damit zusammenhängen, dass viele Senioren unter ihnen sind, denen es womöglich schwer fällt, längere Strecken zu laufen, meint er.

Für Zimmerle fühlt sich die Verlegung des Marktes bis zum 27. Dezember wie ein weiterer Schlag in einem immer schwierigeren Geschäftsumfeld an. Schon die Diskussion um die Dieselverbote habe viele Marktbeschicker verunsichert, meint er. Die Umgestaltung des Marktplatzes werfe weitere Fragen auf, die auch seine Kundschaft am Stand immer wieder stelle, erzählt Zimmerle. „Und ich habe keine Antworten, weil die Stadt uns überhaupt nicht mit einbezieht in die Planungen“, sagt er.

Beschicker kritisieren Verwaltung

Auch sein Kollege Stefan Eysermans aus Murr kritisiert fehlende Informationen. „Wir konnten auf einem Zettel lesen, dass wir bis Weihnachten auf der Königstraße bleiben“, sagt er. Eysermanns verkauft Demeterware auf dem Wochenmarkt. Er kritisiert, dass die Verteilung der Stände auf der Königstraße unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen biete. Im Wesentlichen sei diese bei jedem Umzug vom Marktplatz auf die Königstraße gleich. „Wer wie wir in der Nähe des Rotebühlplatzes steht, ist jetzt auch noch von Baustellen umgeben“, sagt Eysermans. Die Passanten versuchten diesen Teil der Königstraße und den Baulärm so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. „Eine Marktstimmung kann bei dem Gedränge nicht aufkommen“, meint er.

Eysermans und Zimmerle wünschen sich, dass die Stadt die Beschicker bei der Umgestaltung des Marktplatzes stärker miteinbeziehen. „Bis heute gab es keine Gesprächsrunde, bei denen wir unsere Bedenken vorbringen konnten“, sagt er.

Versammlung ist geplant

Thomas Lehmann, Geschäftsführer von Märkte Stuttgart, erklärt das damit, dass die Stadt die Arbeiten auf dem Marktplatz recht unvermittelt angekündigt habe. „Auch wir sind etwas überrascht worden“, sagt er. Eine Versammlung der circa 70 Beschicker sei angedacht, wenn die Stadt ihre Pläne konkretisiere. „Stuttgart Märkte hat einen Vertreter in dem Gremium, das die Umgestaltung plant. Die Interessen der Beschicker werden bedacht“, betont er.

Lehmann äußert Verständnis dafür, dass der temporäre Umzug bei einigen Beschickern Unmut erzeugt. Er rechnet aber damit, dass die Königstraße nach dem Beginn der eigentlichen Arbeiten voraussichtlich im kommenden Jahr für einen Zeitraum von zwei Jahren Standort des Wochenmarkts wird. „Die Gefahr besteht, dass einige Beschicker dann aufhören, aber wir werden uns bemühen, Lücken zu füllen“, sagt er. Immerhin bliebe die Hoffnung, dass der umgestaltete Markt dann besonders attraktiv für die Beschicker sein wird, meint Lehmann.