Porträt eines jugendlichen weiblichen Denisova-Menschen, das auf der Basis von einem Skelett-Profil und DNA-Merkmalen gemalt wurde. Foto: Maayan Harel/dpa

Sie sind entfernte Verwandte des Neandertalers: Denisova-Urmenschen. Bisher gab es von ihnen nicht mehr als einen Knochen, einen Unterkiefer und drei Zähne. Nun zeigen Forscher, wie diese Urmenschen möglicherweise aussahen.

Tel Aviv - Erst vor wenigen Jahren wurde der Denisova-Urmensch entdeckt. Jetzt haben Forscher – nach eigenen Angaben erstmals – rekonstruiert, wie dieser Urmensch ausgesehen haben könnte. Das Ergebnis basiert auf spezifischen Veränderungen des DNA-Strangs, wie die Wissenschaftler von der Hebräischen Universität in Jerusalem im Fachjournal „Cell“ berichten.

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„Wir bieten die erste Rekonstruktion der Anatomie des Skeletts von Denisova-Urmenschen“, sagt Autor Liran Carmel von der Abteilung für Genetik. „In vielen Punkten ähneln Denisova-Urmenschen den Neandertalern, aber in manchen Eigenschaften ähneln sie uns und in anderen sind sie einzigartig.“ So hatten die Denisova-Urmenschen vermutlich unter anderem einen breiteren Schädel als moderne Menschen und Neandertaler.

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Verwandter des Neanderthaler

Beim Denisova-Menschen handelt es sich um eine weitentfernte Schwestergruppe des Neandertalers. Während die Neandertaler vor allem in Europa und Westasien lebten, zogen Denisova-Menschen durch Ostasien. Sie lebten womöglich noch vor etwa 40 000 Jahren im zentralasiatischen Altai-Gebirge im südlichen Sibirien.

Der Denisova-Urmensch ist erst seit dem Jahr 2000 bekannt. Damals entdeckten Forscher einen Zahn in der Denisova-Höhle im Altai-Gebirge. 2008 stießen russische Forscher dort auf einen sieben Millimeter langen Knochensplitter eines Fingerknochens.

56 anatomische Eigenheiten

Die Wissenschaftler verglichen nun spezifische Veränderungen des DNA-Strangs (sogenannte DNA-Methylierung) zwischen den drei Menschengruppen, um Unterschiede zu entdecken. Danach suchten sie nach Hinweisen, was diese Unterschiede in Bezug auf die Anatomie bedeuten könnten.

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Dabei haben sie 56 anatomische Eigenheiten entdeckt, in denen die Denisova-Urmenschen sich vom modernen Menschen und/oder von den Neandertalern unterschieden. 34 dieser Eigenheiten bezogen sich auf den Schädel.

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Moderner Mensch besitzt Genvariante des Denisova-Menschen

Vermutlich hatten die Denisova-Urmenschen demnach genau wie die Neandertaler ein hervorstehendes Gesicht und ein breites Becken. Speziell bei den Denisovas war aber ein verlängerter Zahnbogen und das breitere Gesicht, wie die Forscher berichteten.

Wissenschaftler versuchen schon länger, das Aussehen eines Lebewesens durch genetische Marker in der DNA herauszufiltern, wie Ottmar Kullmer, Paläoanthropologe beim Senckenberg Museum in Frankfurt erklärt. Allerdings sei die Forschung noch nicht weit genug, dass ein genaues Aussehen durch die DNA rekonstruiert werden könne. „Am Ende ist natürlich auch eine künstlerische Note in solchen Rekonstruktionen.“

Der Urmensch könnte außerdem dazu beigetragen haben, dass der Mensch heute eine bessere Immunabwehr besitzt. Eine jetzt veröffentlichte Studie im Fachmagazin „Nature Immunology“ berichtet, dass moderne Menschen eine Genvariante des Denisova-Menschen besitzen. Diese verstärkt demnach eine Reihe von Immunreaktionen und Entzündungsreaktionen. So wird der Mensch den Forschern zufolge auch besser vor krankheitserregenden Mikroben geschützt.