Wie CHIME spähen auch die 66 mobilen, ausrichtbaren Parabolantennen des Radioteleskop-Observatoriums ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array) bei San Pedro de Atacama in der chilenischen Chajnantor-Hochebene nach Radiowellen aus dem Weltall. Foto: dpa

Astronomen können sich die Herkunft ultrakurze Radiosignale, die sie tief im Weltall messen, bisher nicht erklären. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Signale von Außerirdischen stammen, halten Forscher das für sehr unwahrscheinlich.

Paris - Wissenschaftler in Kanada haben mysteriöse Radiowellen von weit außerhalb unserer Galaxie empfangen. Während eines Testlaufs mit dem riesigen und extrem leistungsfähigen Radio-Teleskop CHIME (Canadian Hydrogen Intensity Mapping Experiment) in der kanadischen Provinz British Columbia seien im Sommer ein Dutzend schneller Radioblitze (Fast Radio Burst, FRB) gemessen worden, schilderten die beteiligten Astronomen in zwei Studien, die am Mittwoch im Fachblatt „Nature“ erschienen. In einem Fall wiederholte sich das Radiosignal. Wie und wo die Signale entstanden, ist unklar.

Stammen die mysteriösen Radioblitze von Aliens?

Schnelle Radioblitze dauern nur wenige Millisekunden, können aber so viel Energie freisetzen wie die Sonne im Laufe von 10 000 Jahren. Entdeckt wurde das Phänomen 2007. Nachdem das CHIME-Teleskop nun voll einsatzfähig ist, könnten bis Jahresende womöglich tausend solcher Radioblitze gemessen werden, erklärte Deborah Good, Doktorandin an der University of British Columbia. Sie gehört zu den 50 Wissenschaftlern von fünf Forschungseinrichtungen, die an dem Forschungsprojekt beteiligt sind.

„FRBs werden wahrscheinlich in dichten, turbulenten Regionen von Gastgalaxien erzeugt“, sagte der an den Studien beteiligte Astronom Shriharsh Tendulkar von der McGill University. Mögliche Entstehungsorte sind Gaswolken, aus denen Sterne hervorgehen, oder stellare Explosionen wie eine Supernova.

„Als Wissenschaftler kann ich das nicht zu 100 Prozent ausschließen“

Sich wiederholende schnelle Radioblitze sind ein für die Wissenschaft besonders interessanter Sonderfall. Vor der Messung durch die kanadischen Forscher wurde das Phänomen sich wiederholender Radioblitze erst einmal im Jahr 2012 beobachtet. Es sei auszuschließen, dass die sich wiederholenden schnellen Radioblitze durch Katastrophen entstünden, bei denen ihre Quelle zerstört wird, betonte Tendulkar. „Ein FRB durch das Verschmelzen von zwei Neutronensternen oder eines Neutronensterns mit einem Schwarzen Loch beispielsweise kann sich nicht wiederholen.“

Rätsel geben den Astronomen auch von ihnen registrierte Radioblitze mit besonders großer Wellenlänge von knapp einem Meter auf. Dass es sich dabei um Botschaften von Leben in fernen Galaxien handelt, hält Tendulkar allerdings für „extrem unwahrscheinlich“. „Als Wissenschaftler kann ich das nicht zu 100 Prozent ausschließen“, sagte er. „Aber intelligentes Leben hat kein Astronom als Quelle dieser FRBs im Kopf.“

So funktionieren Radioteleskope

Die Erkundung des Firmaments mit Hilfe optischer Teleskope ist älter als die Radioastronomie, die erst nach 1945 entstand. Mittels sogenannter Interferometer können die Wissenschaftler Radiowellen messen, die Teil der elektromagnetischen Strahlung sind, die von kosmischen Quellen wie Sternen ausgesandt wird. Für das menschliche Auge sind diese Wellen unsichtbar. Sie müssen mit Hilfe von parabolisch geformten Metallflächen, die wie ein Hohlspiegel Radiowellen sammeln, empfangen und von Hochleistungscomputern in eine Signalsprache übersetzt werden.

Die Teleskope bündeln keine Lichtquellen wie das Hubble-Weltraumteleskop, sondern Radiowellen im Bereich von drei bis 0,3 Submillimeter-Strahlung. Je größer und feiner die Auflösung ist, desto größer auch die Datenmenge. Zum Vergleich: Die für Radio und Fernsehen genutzten Wellen haben eine Größenordnung von drei bis 300 Metern. Das Radioteleskop in Effelsberg in der Eifel beispielsweise gehört mit 100 Meter Durchmesser zu den leistungsfähigsten Teleskopen für die kurzwellige Radiostrahlung von sechs Millimetern bis 70 Zentimeter.

Außerirdische Lebensformen

Nach Ansicht des amerikanischen Astronomen Seth Shostak, Leiter des SETI-Projekts (Search for Extraterrestrial Intelligence – Suche nach außerirdischer Intelligenz) in Mountain View (US-Bundesstaat Kalifornien) sind ,mögliche außerirdische Lebensformen zu weit entfernt, um von der Existenz der Menschheit zu wissen. „Es ist unwahrscheinlich, dass sie unsere Radiomeldungen gehört haben oder einen Grund haben, uns zu besuchen“, betont der Physiker. „Sie sind einfach zu weit weg.“

Extraterrestrisches Leben kann einfache biologische Lebensformen wie Mikrosphären (Molekül-Klumpen), Prionen (Protein-Strukturen), Viren und Prokaryoten (zelluläre Wesen) genauso umfassen wie pflanzliches und tierisches Leben und dem Menschen weit überlegene, komplexe Lebensformen.

Ein sehr sicherer Hinweis von erdähnlichem einfachem Leben wäre der Nachweis von Sauerstoffmolekülen in den Atmosphären von Planeten um andere Sterne“, erklärt Karl Martin Menten, Radioastronom und Direktor für Millimeter- und Submillimeter-Astronomie am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. „Dies könnte in der Tat mit Infrarot-Satellitenobservatorien in der nicht zu fernen Zukunft gelingen.“