Sundar Pichai, Vorstandsvorsitzender von Google, steht im Labor in Santa Barbara neben einem der Quantencomputer von Google. Dem US-Tech-Riesen ist nach eigenen Angaben ein bedeutender Schritt bei der Entwicklung von Quantencomputern gelungen. Foto: Google/dpa

Google ist nach eigenen Angaben ein Durchbruch bei der Entwicklung von Quantencomputern gelungen. Erst vor wenigen Wochen war Wiener Forschern ein ähnlich spektakulärer Coup gelungen: Sie übertrugen erstmals dreidimensionale Quanteninformationen. Ist Teleportation in Zukunft möglich?

Stuttgart - Google ist sicher: Dem US-Tech-Giganten ist nach eigenen Angaben ein Durchbruch bei der Entwicklung von Quantencomputern gelungen. Mit Hilfe seines Prozessors Sycamore sei es möglich, eine Kalkulation in 200 Sekunden zu erledigen, für die der aktuell schnellste Supercomputer 10 000 Jahre benötigen würde, schreiben die Forscher in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht in dem Wissenschaftsjournal „Nature“. Damit sei die Demonstration der „Quantenüberlegenheit“ erstmals gelungen.

Schon seit Jahrzehnten suchen Wissenschaftler nach neuen Wegen in der Computertechnik. Von Quantencomputern erhoffen sie sich, dass bestimmte Rechenaufgaben um ein Vielfaches schneller als mit klassischen Computern durchgeführt werden können.

Erste Quanten-Teleportation in 3D

Wienern Forschern ist vor wenigen Wochen ein ähnlich spektakulärer Coup gelungen: Sie übertrugen erstmals dreidimensionale Quanteninformationen. Die Teleportation könnte in Zukunft ein Quanteninternet und eine abhörsichere Kommunikation ermöglichen. Der Transport von Menschen wie in „Raumschiff Enterprise“ funktioniert mit dieser Quantentechnik aber nicht. Noch nicht!

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„Beam me up, Scotty!“

„Beam me up, Scotty!“ – „Beam mich hoch, Scotty!“ Erinnern Sie sich an dieses geflügelte Wort aus der Science-Fiction-Serie „Raumschiff Enterprise? Exakt in diesem Wortlaut hat es James T. Kirk, der Kapitän der „Enterprise“, nie zu seinem Chefingenieur Montgomery „Scotty“ Scott gesagt. Manche Sprüche sind aber unsterblich.

Wissenschaftlich nennt man Beamen auch Teleportation. Damit ist Folgendes gemeint: Ein Teilchen, ein Gegenstand oder einer Person wird von einem Ort zu einem anderen transportiert, ohne den Raum dazwischen zu durchqueren. Das Objekt wird dabei am Ausgangsort in seine molekularen Bestandteile zerlegt, in ein anderes Medium (zum Beispiel elektromagnetische Wellen) umgewandelt und dann am Zielort rematerialisiert – also wieder zusammengesetzt.

Erste Quanten-Teleportation in 3D

Bisher ist diese Idee reine Science Fiction, die in fantastischen Filmen wie „Die Fliege“ oder „Star Trek“ funktioniert. Physikern von Institut für Quantenphysik und Quanteninformation in Wien ist es allerdings gelungen, dreidimensionale Quantenzustände zu teleportieren. Ihre Studie veröffentlichten sie im Fachjournal „Physical Review Letters“.

Quanteninformationen über große Distanzen zu übertragen, ist in quantenphysikalischen Experimenten Standard. Bisher wurden jedoch immer nur Information mit zwei Werten übermittelt. 2018 schafften es die Physiker um Anton Zeilinger, dem Direktor des Instituts für Quantenphysik und Quanteninformation in Wien, erstmals, Lichtteilchen (sogenannte Photonen) dreidimensional miteinander zu verschränken.

Die Wiener Physiker sind im August 2019 gemeinsam mit chinesischen Kollegen einen Schritt weitergegangen und haben dreidimensionale Quantenzustände teleportiert. In Quantencomputern könnten solche Zustände dazu dienen, sehr viel mehr Informationen (sogenannte Quantenbits – Qubits) zu übertragen als mit herkömmlichen Computern. In diesen werden sämtliche Information in Bits (den kleinsten Speicherelementen) dargestellt. Qubits sind die Recheneinheiten von Quantencomputern.

So funktioniert die Übertragung von Quantenzuständen

Die Forscher bedienen sich dabei einer Technik namens Verschränkung. Dabei werden zwei Teilchen – in diesem Fall die Photonen – so miteinander verschmolzen, dass sie einen gemeinsamen Quantenzustand bilden.

Anschließend lassen sich diese beiden Teilchen räumlich trennen, ohne dass der gemeinsame Quantenzustand zerstört wird. Sie können auch über viele hundert Kilometer – bisher 500 Kilometer von der Erde zu einem Satelliten im Weltall – miteinander verschränkt sein.

Schnelleres und abhörsicheres Internet

Diese Entdeckung könnte in Zukunft auch einen praktischen Nutzen bringen: Ein weltweites Quanteninternet könnte demnach quantenphysikalische Effekte nutzen, um die Kommunikation abhörsicherer zu machen und Rechenprozesse extrem zu beschleunigen, erklären die Physiker.

Ein Beispiel: Fängt ein Hacker verschränkte Lichtteilchen im Quanteninternet ab, geht die Verschränkung verloren – die Datenübertragung funktioniert nicht mehr. Um die Kommunikation mittels Quantenteleportation sicherer zu machen, müssten sich allerdings die verschränkten Photonen über weite Strecken störungsfrei übertragen lassen, am besten zu Satelliten.

Beamen von Menschen ist unmöglich

Für das Teleportieren von Gegenständen oder gar Lebewesen ist diese Technik indes ungeeignet, wie die britische Zeitung „The Guardian“ berichtete. Forscher der britischen University of Leicester haben berechnet, wie viel Rechenleistung benötigt würde, um einen Menschen zu beamen. Eine einzige menschliche Zelle besteht umgerechnet aus zehn Milliarden Bits.

Dementsprechend wäre für die Teleportation eines Menschen eine Datenmenge nötig, die sämtliche derzeit auf der Erde zur Verfügung stehende Rechenleistung bei weitem übersteigt. Bei dem aktuellen Stand der Technik würde der gesamte Transfer Millionen Jahre dauern. Dabei ist nicht einmal sicher, ob die Versuchsperson die Teleportation durch Raum und Zeit überhaupt unbeschadet überleben würde.

„Das wird noch 300 Jahre dauern“

Manche Ideen für das Übermorgen sind so utopisch, dass selbst Futurologen sie für kaum realisierbar halten. Thomas Le Blanc, Gründer der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar, hält die Teleportation für ein Ding der Unmöglichkeit. „Physikalisch sehr zweifelhaft, praktisch nicht umsetzbar. Das wird noch 300 Jahre dauern“, meint Le Blanc.

Replikatoren hingegen (Computer, die die molekulare Struktur von Speisen nachbilden und wie aus dem Nichts replizieren) hält der Publizist durchaus für machbar. „Für die Nahrungsmittelindustrie ein spannendes Thema.“