Azizeh Motavali (r.) mit ihrer Mitarbeiterin Mariam Ahmadi Foto: Caroline Holowiecki

In einer Serie stellen wir Wirte auf den Fildern vor: Die Iranerin Azizeh Motavali bietet in ihrem Tagescafé Azar in Stuttgart-Degerloch Backwaren und Kuchen an. Zahlreiche Stammgäste zieht es aber vor allem wegen des persischen Mittagstischs her. Jetzt will die Wirtin etwas Neues ausprobieren.

Degerloch - Mit Azizeh Motavali ein Gespräch zu führen, ist nicht so leicht. Kommunikativ ist sie allemal, ihre Sätze bringt sie jedoch selten zu Ende. Mal, weil eine Nachbarin ihr einen geliehenen Teller, Schokolade und Küsse überbringt. Mal, weil sich drei junge Frauen persönlich verabschieden. Oder weil sich ein Mann, den sie mit Namen grüßt, über dieses und jenes unterhalten will. Jeder hier im Viertel scheint Motavali zu kennen, die Betreiberin des Cafés Azar an der Gohlstraße. Kein Wunder: „Ich wohne gegenüber“, sagt die quirlige Iranerin, außerdem hatte sie früher an dieser Straße eine Bäckerei. „Ich hasse es, allein zu sein“, sagt sie und lächelt breit. Und hier in ihrem Tagescafé, das sie erst im Februar eröffnet hat, ist sie es so gut wie nie.

Die Rezepte hat sie alle im Kopf

Azizeh Motavali lebt seit rund 30 Jahren in Stuttgart, hat damals der Liebe wegen die Heimat verlassen. „17. April 1990. Das vergesse ich nicht. Dieses Datum ist gespeichert“, sagt sie. Ihr erster Job sollte ihre Karriere besiegeln. In einer Bäckereifiliale belegte sie Brötchen – und bekam alsbald die Schürze in die Hand gedrückt, um an der Theke den Verkauf zu übernehmen. „Aber ich kann kein Deutsch“, habe sie gesagt – und zur Antwort bekommen, dass das doch ein deutscher Satz gewesen sei. Seither hat Motavali in etlichen Bäckerei-Cafés gearbeitet.

Im ihrem jetzigen Lokal gibt es Backwaren und Kuchen, außerdem einen Mittagstisch, der bei den Nachbarn und vor allem bei den Mitarbeitern der umliegenden Firmen gut ankommt. Täglich gibt es drei Gerichte, eines davon vegetarisch. Von dem, was auf den Teller kommt, müssen sich die Gäste überraschen lassen. Eine Karte gibt es nicht, ebenso wenig Kochbücher. „Ohne Rezept, von da“, sagt die Chefin und tippt sich an die Schläfe. Sie lässt sich beim Einkaufen inspirieren. In der Regel gibt es persische Kost – Gerichte mit Lamm oder Huhn, mit Kichererbsen oder Auberginen, mit Pflaumen oder Quitten, Suppen, Fisch – aber auch mal Pasta oder schwäbische Klassiker. „Wenn ich Linsen mit Spätzle koche, ist es sofort weg“, sagt sie. Damit sich die Stammgäste vorab informieren können, was sie kulinarisch erwartet, dreht die 53-Jährige mittags kurze Videos für Facebook. Wenn sich nicht schon längst eine Schlange vor der Theke gebildet hat. „Ich schaffe es nicht jeden Tag, wenn der Laden voll ist, komme ich nicht dazu.“

Jetzt will sie etwas Neues ausprobieren

Mit dem Lokal hat sich die Mutter zweier erwachsener Kinder einen Traum erfüllt. „Das ist meines“, sagt sie und schaut sich im Gastraum mit den türkisfarbenen Wänden und den großen Tischen um. „Hier ist es königlich, hier ist es, wie ich es wollte.“ Jetzt versucht Azizeh Motavali etwas Neues. Am 2. November richtet sie ihre erste Abendveranstaltung aus. Beim persischen Abend serviert sie ab 19 Uhr ein traditionelles Festgericht aus ihrer Heimat: Hühnchen mit Reis, den sie mit Pistazien, Rosenaroma, Berberitzen und Safran würzt. Dazu wird die Parsan Music Band orientalische Musik spielen. Azizeh Motavali strahlt. „Wenn es klappt, will ich das regelmäßig anbieten.“

Die Karten für den persischen Abend kosten 30 Euro (inklusive Speisen und einem Softdrink) und können unter der Telefonnummer 0711/94 56 31 69 vorbestellt werden. Regulär geöffnet ist das Café Azar am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 7 bis 16 Uhr, am Mittwoch nur bis 15 Uhr.