Im Winter fehlt vielen Menschen das Sonnenlicht. Doch wann wird der Winterblues zur Depression? Foto: dpa

Nicht nur der Himmel, auch die Stimmung erscheint grau in grau: In der dunklen Jahreszeit leiden viele unter einer saisonal bedingten Niedergeschlagenheit. Eine Stuttgarter Psychologin erklärt den Unterschied zwischen dem Winterblues und einer beginnenden Depression.

Stuttgart - Alles ist grau, wohin man schaut. Jemand, so scheint es, hat den Himmel und die Straße vertauscht. So zeigen sich die Wintertage hierzulande häufig. Und ja, das kann durchaus trübsinnig machen, bestätigen Experten wie beispielsweise Annegret Eckhardt-Henn, Ärztliche Direktorin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Stuttgart. Wenn Menschen nur wenig Licht abbekommen, wird das Schlafhormon Melatonin verstärkt produziert. „Melatonin ist in seiner Wirkung stimmungsdrückend, müde machend“, sagt Eckhardt-Henn. In der dunklen Jahreszeit seien Menschen daher nicht so fit und aktiv wie im Sommer.

Doch wann ist die trübe Stimmung dem Wetter geschuldet, und wann kann dies schon ein Anzeichen einer ernst zu nehmenden Form einer Depression sein? So gibt es doch durchaus Betroffene, die an einer sogenannten saisonalen Depression leiden, die sich in der Fachsprache „saisonal affective disorder“, kurz SAD, nennt. „Ein klares Kriterium ist die Jahreszeitabhängigkeit“, sagt Eckhardt-Henn. So beginnt eine SAD meist im Oktober und November, wenn die Tage kürzer werden, und kann bis zum Frühling – also bis März oder April – andauern. Die Betroffenen haben in dieser Zeit ein erhöhtes Schlafbedürfnis, so die Stuttgarter Expertin. „Sie verkriechen sich geradezu im Bett.“

Hinzu komme ein verstärkter Appetit, insbesondere auf Süßigkeiten, was häufig dazu führe, dass die Betroffenen in dieser Zeit zunehmen. Mit dem Zucker versucht der Körper den Serotoninmangel im Gehirn auszugleichen – dem Gegenspieler des Melatonins, auch als Stimmungsaufheller bekannt. „Durch den Verzehr von Kohlenhydraten wie Zucker oder Stärke lässt sich die Menge des Serotonins im Organismus kurzfristig erhöhen“, sagt Eckhardt-Henn.

„Bewegung an der frischen Luft ist wichtig“

Besser, als kohlenhydratreiche Nahrung oder Süßigkeiten zu essen, ist es, einfach nach draußen zu gehen: „Bewegung an der frischen Luft ist in jedem Fall richtig und wichtig“, sagt Eckhardt-Henn. Insbesondere wer unter einer leichten Form der SAD leidet, sollte täglich einen Spaziergang unternehmen und auch regelmäßig Sport treiben. „Das tut übrigens jedem gut, der auch nur einen Winterblues hat.“

Bei mittelgradiger und schwerer saisonaler Depression raten Ärzte zu einer Lichttherapie: Die mindestens halbstündige tägliche Bestrahlung von Tageslichtlampen mit einer Lichtstärke von 10 000 Lux führt bei Patienten zu einer Angleichung des Tag-Nacht-Rhythmus – und das wirkt sich wiederum positiv auf die Psyche aus, erklärt Eckhardt-Henn. So zeigen Studien: Die Wirkung dieser Lichttherapie ist antriebssteigernd und stimmungsaufhellend. Wenn das Licht allerdings allein nicht ausreicht, kann die Wirkung durch Antidepressiva unterstützt werden. Allerdings ist die Sorge, an einer SAD erkrankt zu sein, häufig unbegründet. „Die Winterdepression ist ziemlich selten“, sagt Annegret Eckhardt-Henn. Experten schätzen, dass drei bis fünf Prozent der Bevölkerung darunter leiden. Auch ist die Diagnose nicht einfach: Laut Definition muss der Patient in den vorangegangenen drei Jahren eine saisonale Verstimmung gehabt haben, zumindest zweimal hintereinander in diesen Jahren.

Lächeln: Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Lächeln die Stimmung hebt. Auch hat sich gezeigt, dass der Hang zum Lächeln in der Familie liegt – auf dem Gen HTTLPR.

Atemtechnik: Tiefes Ein- und Ausatmen wirkt entspannend. So ist eine bewusst verlangsamte Atmung eine Art Erste-Hilfe-Kit bei aufkommenden Ängsten.

Sport: Wer Sport treibt, erhöht die Menge an Botenstoffen. Insbesondere Serotonin wird oft auch als Glückshormon bezeichnet, da es die Stimmung aufhellt.

Gelassenheit: Dem Drang, ständig perfekt sein zu wollen, lassen sich stressmindernde Gedanken entgegenhalten. Auch hilft eine Rückbesinnung auf die eigenen Stärken und frühere Erfolge.

Essen: Menschen, die vor allem frisches Gemüse, Früchte, Fisch und Vollkornprodukte zu sich nehmen, fühlen sich nicht nur physisch wohler, sondern haben auch eine robustere Psyche.