Polizisten riegeln das Zentrum für Psychiatrie in Winnenden ab. Foto: 7aktuell.de/ Lermer

Eine Frau ist sich sicher, einen bewaffneten Mann gesehen zu haben – die Polizei durchsucht das gesamte ZfP, findet aber nichts. Der Einsatz weckt dunkle Erinnerungen an den Amoklauf von Winnenden vor neun Jahren.

Winnenden - Niemand kommt hinein oder heraus: Polizisten mit Maschinenpistolen und schwerer Schutzausrüstung stehen am Eingang des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) in Winnenden. Funkgeräte knacken, über allem schwebt mit lautem Getöse ein Hubschrauber. Nicht einmal die Leiterin einer Kinderabteilung der Psychiatrie wird auf das Gelände vorgelassen.

Gegen 10 Uhr hat am Dienstagvormittag eine Frau den Notruf der Polizei gewählt: Die Patientin der Tagespflege im ZfP war sich sicher, einen Mann mit einer Waffe gesehen zu haben. Kurze Zeit später wimmelt das Schloss Winnenden von Polizisten. Das ZfP wird abgeriegelt – sogar die Schüler der nahe gelegenen Schulen werden von Polizisten aus den Gebäuden begleitet und ihren Eltern übergeben.

„Es handelt sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme“, betont der Polizeisprecher Ronald Krötz. Drinnen arbeiten sich seine Kollegen derweil von Zimmer zu Zimmer. Eine Drohne schwirrt durch die Luft, um der Einsatzleitung einen Überblick zu verschaffen.

Unterdessen sammeln sich vor dem Eingangstor der Klinik Patienten und Mitarbeiter, die nicht ins Gebäude kommen. „Wir wollten gerade in die Sporttherapie – dann kamen die ganzen Autos, und wir durften nicht rein“, erzählt einer von ihnen, sichtlich fasziniert vom Schauspiel. Einige Meter weiter stehen sechs Rettungswagen – doch nur ein Teil ist herbeordert worden, um eventuelle Opfer zu verarzten. Viele wollen lediglich Patienten abholen oder herbringen – auch das ist während des Einsatzes unmöglich. Eine Ärztin geht von Transporter zu Transporter, um die wartenden Kranken zu versorgen.

Wir waren mit einem Live-Video vor Ort am ZfP Winnenden:

Um 12.55 Uhr verkündet der Polizeisprecher das Ende des Einsatzes: „Es ist kein schädigendes Ereignis eingetreten“, heißt es im Jargon der Ordnungshüter. „Die intensive Befragung der Zeugin hat ergeben, dass sie da wohl etwas falsch gedeutet hatte“, sagt Krötz.

Auch wenn keine bewaffnete Person gefunden wurde, nennt er den Einsatz „erfolgreich“. Die Polizei halte die Zeugin grundsätzlich für vertrauenswürdig – und sie habe nicht den Notruf gewählt, um einen Scherz zu machen, sondern weil sie davon überzeugt gewesen sei, womöglich ein Verbrechen verhindern zu können. In solchen Fällen könne es „fatale Folgen“ haben, erst einen Einsatz auszulösen, nachdem eine Zeugin fertig vernommen worden sei. „Es war wichtig, bei einer solchen Wahrnehmung rasch aktiv zu werden – nicht nur aufgrund der Historie“, sagt Krötz.

Der Großeinsatz im ZfP weckt dunkle Erinnerungen an den Amoklauf von Winnenden

Mit „Historie“ ist der Amoklauf gemeint, der sich vor neun Jahren in Winnenden ereignet hat und der bis heute seinen düsteren Schatten wirft – auf den Namen der Stadt im Allgemeinen und auch auf den des ZfP im Speziellen. Damals hatte ein 17-Jähriger 15  Menschen und sich selbst getötet. Eines der Opfer war ein Mitarbeiter des ZfP, der im Außenbereich der Psychiatrie dem Amokläufer zum Opfer fiel. Auch abgesehen von dieser Vergangenheit war der Großeinsatz eine immense Herausforderung für die Klinik und ihre Patienten mit verschiedensten Ausprägungen psychischer Krankheiten.

Vor nicht allzu lange Zeit hatte es einen weiteren, ähnlichen Einsatz in der Winnender Psychiatrie gegeben: Im November des vergangenen Jahres war im ZfP eine Drohmail eingegangen. Die Polizei durchsuchte die verschiedenen Gebäude der Psychiatrie nach einer Bombe oder anderen gefährlichen Gegenständen, fand letztlich jedoch nichts.